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Politik (Archiv 2011)
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2011021101
'Game Over' für Mubarak - Rücktritt gefährdet Einheit der Demokratiebwegung -
Demokratievirus in der arabischen Welt nicht gebannt [11.02.2011]
Nach wochenlangen Protesten von Millionen von Ägyptern, verkündete der ägyptische Vizepräsident und vormalige Geheimdienstchef, Omar Suleiman, den Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak.
Mit diesem Rücktritt, der die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz zu
stürmischem Jubel veranlasste, verliert der Herrschaftsapparat zwar
die verhasste Spitze, das bedeutet jedoch keineswegs sein baldiges
oder sicheres Ende.
Infolge des Rücktritts liegt die Macht nun in den Händen von
Ägyptens oberstem Militärrat. Ein Zirkel aus einer handvoll
Spitzenmilitärs, die sämtlich von Mubarak ausgesucht wurden.
Das Gremium liess zwar verlauten, dass es die Macht nicht langfristig
behalten wolle, und dass es sobald wie möglich Neuwahlen geben werde,
ob und wann es diese Ankündigungen jedoch wahr machen wird ist indessen
völlig unklar.
Für die Demokratiebewegung in Ägypten führt der Rücktritt Mubaraks
wahrscheinlich zu Problemen, verschwindet mit Mubarak doch der
kleinste gemeinsame Nenner der Protestierer - 'Mubarak, hau ab'
- was zu einer Zersplitterung der Bewegung führen kann.
Ob es der Bewegung gelingen wird sich zu konsolidieren und den
Druck aufrecht zu erhalten, der erforderlich ist, um den Wechsel
zu einer Demokratie zu schaffen, das werden die kommenden Wochen
zeigen.
(Einen recht detaillierten Einblick in die Machtverhältnisse
Ägyptens gibt der folgende
Artikel.)
Anders - positiver - sieht es in den anderen arabischen Staaten der Region - inklusive des Nicht-Staates Palästinas - aus. Wenn der von Guttenberg als 'Infekt' bezeichnete Demokratievirus von Tunesien auf Ägypten überspringen konnte, dann kann und wird er auch auf andere benachbarte arabische Staaten überspringen, in denen ähnliche Probleme wie in Ägypten bestehen. Der nächste Kandidat scheint der Jemen zu sein. (Zu den Perspektiven in Palästina äussert sich Helga Baumgarten in diesem Artikel.)
Besonders peinlich ist die Entwicklung für den Westen - speziell die EU und Deutschland - dessen völlig schamlosen Führer die Despotie gegen das ägyptische Volk bis zur allerletzten Minute mit Waffen und Krediten stützten - um sich wenige Stunden nach dem Sturz Mubaraks als DIE Freunde des ägyptischen Volks darzustellen.
(ts)
Ergänzende Links:
Warum Mubarak am Ende ist von Paul Amar
Why Egypt's progressives win by Paul Amar
3arabawy (blog)