Institut für Palästinakunde
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Ob One-State oder Two-State, die Palästinenser haben keinen Partner für einen Frieden [08.01.2011]

Das folgende ist Teil der Reflektionen zur Frage der Konsequenzen bzw. Bedingungen einer Ein- oder Zweistaaten-Lösung in Palästina.

Anas Saleh, getötet von der israelische Bürokratie an der Grenze zu Gaza Auch wenn die Ermordung von Anas Saleh (20) durch Israels kafkaeskes Grenzregime in Gaza oder die ebenso kaltblütige wie sinnlose Liquidation von Omar al-Qawasmy (66) in Hebron nur zwei weitere Beispiele für den moralischen und rechtlichen Nihilismus Israels sind, so verdeutlichen diese Fälle doch das Grundproblem der Palästinenser: Sie haben keinen Partner für einen Frieden.

Das wichtigste Argument der Vertreter der Zweistaatenlösung ist bekanntlich, dass die Einstaatenlösung 'utopisch' - d.h. unmöglich - sei. Was die Vertreter der Zweistaatenlösung dabei vergessen ist, dass die Zweistaatenlösung von den Problemen, die sich hinter der behaupteten 'Unmöglichkeit' verbergen, genauso betroffen ist, wie die Einstaatenlösung.

'Nur tote Palästinenser, sind gute Palästinenser' (nach Gen. Sheridan, 1869)

Diese Probleme lassen sich auf ein Kernproblem reduzieren: Den Palästinensern ist schlicht der 'Partner für den Frieden' abhanden gekommen. Genau genommen hat ein solcher Partner nie bestanden. Und es wird sich - ohne fundamentale Veränderungen der israelischen Gesellschaft oder des Kräfteverhältnisses in Israel/Palästina - auch keiner einstellen.

Die Voraussetzung für eine dauerhafte, friedliche vertragliche Lösung besteht sicher darin, dass beide Seiten die jeweils andere Seite - deren schiere Existenz und die Legimität ihrer Interessen - anerkennen.

Diese Voraussetzung ist auf israelischer Seite jedoch nicht gegeben.

In den Augen der israelischen Führung und der Mehrheit der israelischen Bürger gibt es kein Palästina, sondern nur ein jüdisches Land, das von Arabern besiedelt wird. Araber die es zu entfernen gilt, um das Land zu 'erlösen'. D.h. in israelischen Augen gibt es schlicht keine 'Palästinenser', die - wie der Name andeutet - ein Recht auf das Land haben. Eine Sicht, die so alt ist wie der Zionismus selber. Sie lässt sich bis zu Theodor Herzls Tagebüchern zurückverfolgen.

Aus israelischer Sicht können und dürfen die Palästinenser auch nicht auf derselben Stufe stehen wie die Juden. Ganz folgerichtig gesteht ihnen der israelische Staat weder die in der UN-Menschenrechtscharta niedergelegten Menschenrechte, noch andere politischen Rechte zu.
Und nach jahrelanger Betrachtung der israelischen Politik kommt man als Beobachter nicht um die Erkenntnis herum, dass Israel die Palästinenser auch gar nicht als Menschen, sondern als Wilde - wenn nicht gar als Tiere - betrachtet.

Die Politik Israels gegenüber den Palästinensern ist nur dann zu verstehen, wenn man sich die oben erklärte Perspektive vergegenwärtigt. Ihr einziges Ziel besteht darin, sich der 'Wilden' zu entledigen, sie einzuzäunen, um sie von allen Ressourcen abzuschneiden und um sie schliesslich vertreiben oder auslöschen zu können.
Israel vollzieht nach wie vor kaltblütig und geplant das erstmals in den 1920'ern von Zeev Jabotinsky klar formulierte Ziel, die Palästinenser mithilfe einer 'eisernen Wand' aus dem Land zu drängen. (Wobei der Realpolitiker Jabotinski - ganz anders wie seine israelischen Nachfolger - noch darauf verzichtete, die Dinge auf den Kopf zu stellen, und die Juden als Opfer der Araber darzustellen.)

Infolge der grundsätzlichen Negation des Existenzrechts der Palästinenser und ihrer politischen Rechte, ist die israelische Politik gegenüber den Palästinensern seit jeher von Betrug und Vertragsbruch gekennzeichnet. (Eine Eigenheit, die allen Siedler-Kolonialisten zu eigen ist.)
Aus diesem Grund haben Verhandlungen und Verträge mit den Israelis den Palästinensern bisher auch nicht etwa ein Plus an Freiheit und Wohlstand gebracht - sondern genau das Gegenteil. Das Ergebnis besteht aus der Umwandlung der Westbank in ein Gefängnis und der Umwandlung von Gaza in ein humanitäres Notstandsgebiet.

Rätselhafte Ratschläge

Das die Vertreter der Zweistaatenlösung den mittlerweile noch weiter geschwächteren Palästinensern vor diesem Hintergrund und nach dem völligen Scheitern des Prototypen der Zweistaatenlösung - den sogenannten Oslo-Verträgen - weiter zur Zweistaatenlösung raten - nun eine unilaterale Neuauflage von Oslo empfehlen - das ist und bleibt rätselhaft.

 (ts)

Ergänzende Links:
Maariv details Netanyahu's refusal to directly negotiate with PA (coteret)
Occupation of the Territories-Israeli Soldier testimonies 2000-2010 ('breaking the silence')

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