Institut für Palästinakunde
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Boykott der 'Israelische Filmtage' in Berlin gefordert - Kritiker verurteilen Kooperation der Heinrich-Böll-Stiftung mit der israelischen Botschaft [29.01.2011]

'Israelische Filmtage' der Heinrich-Böll-Stiftung weiter in der Kritik Wir bieten damit viel Raum für eine kritische Debatte. Einer Delegitimierung Israels als kolonialistisch-rassistisches Projekt treten wir allerdings nach Kräften entgegen. (Erklärung der H. Böll Stiftung, 27.01.11)

Das erste Ergebnis der öffentlichen Kritik am Programm der Israelischen Filmtage der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin bestand darin, dass die Regisseure von The Black Panthers (in Israel) speak ihren Film zurückzogen; der laut Programmheft einzige Film der Filmtage (Titel: "Israel im Orient - Orient in Israel") in dem die uns als 'Palästininenser' bekannten Orientalen Israels wenigstens am Rande vorkommen.

Nun liegt ein dritter Brief vor, unterzeichnet von Berlin Academic Boycott, BDS Gruppe, Berlin, Kritische Jüdinnen, Juden und Israelis, Berlin und Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, in dem die Kritik noch einmal deutlich verschärft wurde, nachdem die Heinrich-Böll-Stiftung auf ihren Webseiten nun auch die israelische Botschaft als Unterstützer angibt. (Zur Erinnerung: 2010 brach Firas Maraghy nach 40 Tagen seinen Hungerstreik vor der Botschaft ab, nachdem ihm Zusagen hinsichtlich seines Status in Jerusalem gemacht wurden, die sich in Jerusalem als Täuschungen entpuppten.)


Offener Brief an die Heinrich- Boell- Stiftung

Kein Filmfestival für israelische Propagandazwecke!

Erst jetzt kündigt die Heinrich-Boell- Stiftung (HBS) an, dass ihr viel kritisiertes Filmfestival „Israel im Orient - der Orient im Israel“ vom 28.-31.01.2011 nun auch mit Unterstützung der Botschaft des Staates Israels finanziert wird.

Damit ist die HBS nicht nur dem Vorwurf ausgesetzt, dass sie mit dieser Filmreihe den Rassimus gegenüber jüdischen und nicht-jüdischen Araberinnen und Arabern in Israel mangels Benennung negiert, und ausgrenzende und diskriminierende Stereotype und Politiken, wie sie von der askhenasischen politischen Klasse Israels gepflegt werden, fortschreibt (siehe offener Brief kritischer Jüdinnen, Juden und Israelis).

Nun muss sich die HBS auch vorwerfen lassen, sich klar für Propagandazwecke des israelischen Staates einspannen zu lassen.

Denn die Unterstützung von Filmfestivals, die die „Pluralität” der israelischen Gesellschaft zeigen, folgt einem Regierungsprogramm, dass die drei israelischen Ministerien Kultur, Tourismus und Auswärtiges 2005 beschlossen haben und das bekannt ist unter dem Namen: Brand Israel - Hasbara. Dem in weltweiten Umfragen zunehmend negativen Image Israels, dass durch anhaltende Vorwürfe von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen Menschlichkeit geprägt ist, soll nun u.a. durch Filmfestivals entgegengetreten werden, die Kultur, Kunst und Pluralität des Landes in den Vordergrund rücken sollen.

Staatsziel ist es, mit Hilfe von Public Relations Agenturen „von dem Konflikt mit den Palästinensen abzulenken”, so Ido Aharoni vom israelischen Außenministerium.

Aharoni beschreibt das „Winning the Battle of the Narrative”- Konzept folgendermaßen: Es gehe darum, eine Verschiebung zu erwirken und Israel anders zu verkaufen, nämlich „away from an image of a country in a state of war and conflict to a brand which represents positive values and ideals like 'building the future,' 'vibrant diversity' and 'entrepreneurial zeal.'”

Die HBS kooperiert damit mit der Botschaft eines Staates, dessen ausdrückliches Anliegen es ist, von Besatzung, Kolonialisierung, Rassismus und Apartheid abzulenken und seine Verantwortung hierfür „medial” zu kaschieren. In einer Zeit, in der diese menschen- und völkerrechtswidrige Politik international unter Druck gerät wie selten zuvor, ist es unverständlich, wie die Heinrich-Boell-Stiftung ihren Auftrag zur Friedenspolitik ohne Not unterläuft und israelische Regierungspolitik weißwäscht und normalisiert.

Die palästinensische Zivilgesellschaft, die auf die Einhaltung des internationalen Rechts pocht, ist nicht willens, die israelische Politik der Mißachtung allgemein anerkannter Rechtsnormen hinzunehmen. Gemeinsam mit einer weltweiten zivilgesellschaftlichen Bewegung fordert sie, dass akademische und kulturelle Projekte mit israelischer Staatsbeteiligung solange boykottiert werden, bis Israel die völkerrechtlichen Forderungen umsetzt:

„All cultural products commissioned by an official Israeli body (e.g., government ministry, municipality, embassy, consulate, state or other public film fund, etc.) deserve to be boycotted on institutional grounds, as they are commissioned and thus funded by the Israeli state -- or any of its complicit institutions -- specifically to help the state's propaganda or “rebranding” efforts aimed at diluting, justifying, whitewashing or otherwise diverting attention from the Israeli occupation and other violations of Palestinian rights and international law.” (www.pacbi.com)

Die palästinensische Zivilgesellschaft fordert also den Boykott als gewaltloses Mittel, wie dies auch im Falle der Beendigung des Apartheidsystems in Südafrika erfolgreich war.

Den Solidaritätsaufforderungen folgenden, möchten wir in diesem Sinne speziell die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion am Montag, den 31.01.2011 bitten, ihre Teilnahme an dieser Diskussion zu überdenken und möglichst abzusagen.

Berlin, 28.01.2011


Unterzeichnende:

Berlin Academic Boycott
BDS Gruppe, Berlin
Kritische Jüdinnen, Juden und Israelis, Berlin
Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost

 (ts)

Ergänzende Links:
Reaktion auf Anwort der Heinrich-Böll-Stitung

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