Institut für Palästinakunde - IPK - |
Start
/
Politik (Archiv 2010)
/
2010051701
Israels messianische Terroristen [17.05.2010]
von Dr. Viktoria Waltz
In einem Artikel der englischen Ausgabe von Al-Hayat vom 23. April 2010 kommentiert
Patrick Seale (Auszug und eigene Übersetzung):
‘In der arabischen Welt gelten Militante, die einen islamischen Staat kreieren
wollen ganz generell als Feinde. In Israel wird die bewaffnete Untergrundbewegung
die einen Torah-Staat einrichten will, mit Samthandschuhen behandelt. Die Regierung
wagt keine Konfrontation mit ihnen, eher noch muss man von Komplizenschaft sprechen. …
Solange Israels fanatische Siedler – ob religiös-nationalistisch oder ultra-orthodox –
nicht bekämpft und ihre messianischen Ambitionen nicht zurückgewiesen werden,
wird es keinen Frieden im Nahen Osten geben….
Wie stark und einflussreich diese Siedler-Gruppen inzwischen sind, beschreibt
ein jüngst veröffentlichter Bericht der International
Crisis Group über Israels
Religiöse Rechte und die Frage der Siedlungen.
Zehntausende der religiösen Zionisten wohnen in den illegalen Siedlungen östlich
der Trennungsbarriere. Weitere Tausende ‘hilltop youth’ besetzen
bewaffnete Außenposten mitten in palästinensischem Gebiet. Diese Siedlungen
und Außenposten stellen etwa 200 paramilitärische Kommandos, die mit automatischen
Waffen (“mit den besten Zielfernrohren, die es auf dem Markt gibt”)
und gepanzerten Fahrzeugen ausgerüstet sind. Sie verüben Gewalttaten gegen die
Palästinenser und sind bereit jedwedem Versuch des Staates zu trotzen, sie daran
zu hindern.
Beobachter prophezeien sogar, dass eine noch breitere und besser bewaffnete Gruppierung
bereit für Aktionen entstehen könnte, – sollte die Regierung wagen auch nur
einen der Außenposten zu beseitigen oder die Gewalttätigkeiten der Siedler
in irgendeiner Weise beschneiden.
Ultraorthodoxe und national-religiöse Politiker besetzen bereits ein Fünftel der
Sitze in der Knesset und repräsentieren damit etwa 40 Prozent – 26 von 65
Parlamentariern – der regierenden Koalition Netanyahu’s. Sie kontrollieren
das Wohnungsministerium und die Israel Land Verwaltung (Israel Land Authority, ILA),
die das Staatsland verwaltet.
Diesen ‘Groß Israel’-Ideologen widerfuhr ein ‘messianischer
Schock’ als Premier Minister Ariel Sharon die Gaza-Siedlungen 2005 aufgab.
Dieser Auszug aus Gaza bedrohte ihr Vertrauen in den Staat und bestärkte sie in
ihrer Entschlossenheit nie wieder eine Evakuierung von Juden zuzulassen. Sie
stellen sich unerbittlich jedem weiteren Rückzug und Verhandlungen mit den
Palästinensern entgegen.
Einige national-religiöse Rabbiner gehen sogar so weit zu billigen, wenn ein Jude
einen Juden tötet, der Israel Land Nicht Juden überlässt – eine Auslegung, die
Yigal Amir benutzte um seine Ermordung von Premier Minister Itzhak Rabin 1995
zu rechtfertigen.
Auch die Armee ist von religiösen Extremisten reichlich durchsetzt. Das Army Torah
Kolleg, in dem Eingeschriebene über eine Periode von 5 Jahren einen Mix aus
Militärdienst und religiösen Studien absolvieren, sind in Israel wie Pilze aus dem
Boden geschossen. Fast die Hälfte befindet sich in der Westbank und entlässt
tausende Soldaten. Es wird geschätzt, dass etwa 30 Prozent des israelischen Offiziers
Corps national-religiöse Offiziere sind, mit einer vergleichsweise hohen Konzentration
in kämpfenden Einheiten. Eine Quelle sagte der International Crisis Group dass
“in wenigen Jahren religiöse Soldaten die Mehrheit der Brigade Kommandeure
in allen Gattungen stellen werden – von den F-16 Fightern bis zu den U-Booten”.
Ein national-religiöser Oberfähnrich erklärte: “Ein Befehl sich (von der West
Bank) zurückzuziehen würde Israel zerstören. Es würde die Armee spalten und Teile
würden sich gegen den Staat wenden. Ich würde eher Tel Aviv aufgeben als Hebron.
Wir sind nicht einfach ein Staat der Juden oder ein Staat mit jüdischer Mehrheit,
sondern eine Jüdischer Staat, der das Land verteidigt, dass uns in der Bibel, von
Gott versprochen wurde. Es ist jüdisches Land. Ich werde es mit alle legitimen
Mitteln verteidigen – und wenn das nicht reicht, mit illegalen Mitteln.
Auch mit Gewalt”.
Was empfiehlt die ‘International Crisis Group’, um den Weg in den Abgrund aufzuhalten? “Statt weiter auf einen Siedlungsstop zu setzen die Festlegung einer anerkannten israelisch-palästinensischen Grenze; ein Kompensationspaket anzubieten, dass zumindest einige Siedler dazu bringt, die West Bank freiwillig zu verlassen; zu versuchen, die religiösen Parteien wie Shas und Agudat Israel zu erreichen und sie in den diplomatischen Prozess einzubinden; darauf zu bestehen, dass die Israelischen Sicherheitsdienste und die Gerichte Gewalt gegen Palästinenser untersuchen und verfolgen.” Aber auch das wird nicht ausreichen.
Sales beschließt seinen Bericht mit: “Es ist sicherlich Zeit für Israel’s säkulare Mehrheit, endlich angesichts der Gefahr aufzuwachen oder man wird riskieren in einem Staat zu leben, der von messianischen Terroristen geführt wird und den die gesamte Welt meiden wird.”
(ts)
Quellen:
Israels
messianische Terroristen (P. Seale, Dar-al-Hayat, 23 Apr 2010)
Israels
religiöse Rechte und die Frage der Siedlungen (International Crisis Group, 20 Jul 2009)