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Politik (Archiv 2009)
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2009061501
Palästinensische Reaktionen zu Netanjahus Rede [15.06.2009]
Das einzig vorgeblich revolutionäre in der mit Spannung erwarteten Rede Netanjahus -
die allgemein als Reaktion auf die Rede Obamas in Cairo gesehen wird -
bestand in der Erwähnung (!) eines palästinensischen Staates. Diesen versah
Netanjahu jedoch mit derart vielen Vorbehalten und Variablen, dass man
sich dessen Gründung schenken kann.
Der 'palästinensische Staat' a la Netanjahu ist vor allem
erst einmal 'zukünftig' - erst dann zu haben, wenn die Palästinenser
Israel als den "Staat der Juden" anerkennen - d.h. wenn sie
sich dazu bereit erklären, die Existenz von 1.2 Millonen Nichtjuden in Israel
aufzugeben.
Ein Opfer des Rotstift Netanjahus wurden auch die Grenzen des Staates,
in denen die Pal. in Freiheit leben könnten, er soll schlicht keine haben.
Und logischerweise soll dieser Staat auch 'Demilitarisiert' sein -
garantiert unfähig seine Bürger vor der Willkür des israelischen Nachbarn zu schützen.
Mit der von Obama erwähnten Zweistaatenlösung hat dieser 'Palästinenserstaat'
rein gar nichts zu tun.
Dementsprechend sehen die Reaktionen der Palästinenser aus:
Ahmad Tibi, Mitglied der Knesset (Ta'al/United Arab List):
Netanjahus Rede ist der Versuch Obamas Forderung nach dem Einfrieren
des Siedlungsbaus auszuweichen. Er hat nichts neues gesagt und
wiederholte stattdessen die rassistische Forderung, dass die Palästinenser
Israel als jüdischen Staat anerkennen sollen.
Das ist nicht nur rassistisch, sondern soll Israel auch die
Entschuldigung für die Diskriminierung von 20% der Bevölkerung
liefern.
Mustafa Barghouthi, pal. Abgeordneter und ehem. Präsidentschaftskandidat:
Netanjahu versucht die Welt zu täuschen, indem er ein Ghetto als 'palästinensischen Staat'
ausgibt. Er ist kein Partner für einen Frieden. Seine ganze Rede diente allein
der Konsolidierung des Aparteidsystems, nicht nur in der besetzten Gebieten, sondern
auch in Israel.
Er hat alle strittigen Punkte festgeschrieben und behauptet dabei offen für
Verhandlungen zu sein.
Hassan Jabareen, Gründer der isr. Bürgerrechtsorganisation Adalah:
In seiner Rede hat Netanjahu an allen Hindernissen festgehalten, die einer einvernehmlichen
Lösung im Weg stehen. Das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung ist in seiner
Welt nicht vorgesehen.
Diana Buttu, Anwältin und Politik-Beraterin mit kanad.Pass in Palästina:
Netanjahu hat eine Litanei von Forderungen vorgetragen, welchen die Araber und die Palästinenser
verfolgen müssten, aber er machte nicht ein einziges Statement dazu was Israel tun wolle, um den Frieden zu erreichen.
Selbst so einer elementaren Forderung, wie der nach dem Stopp des Siedlungsbaus verweigerte er sich.
Sam Bahour, Unternehmer mit am. Pass in Ramallah:
Netanjahu stammelte einige der Wörter die alle hören wollten - wie Frieden und
einen eigenen Palästinenserstaat - und befreite sie dann von jedweder Substanz.
Netanjahu und seine Koalition weigern sich weiter einzugestehen, dass Israel ein
Besatzer ist, verantwortlich für tagtäglich stattfindende Kriegsverbrechen und
Betreiber einer raffinierten Kampagne zur ethnischen Säuberung Palästinas.
Quelle: IMEU.
(ts)
Ergänzende Links:
Text der Rede Netanjahus (englisch)
IMEU: Institute for Middle East Understanding