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2009120401
München: OB Christian Ude fordert Stop der Unterstützung für die DIG!? [04.12.2009]
"Man muß Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer." (Elie Wiesel)
Aus Sicht des deutschen Arms der Israel-Lobby, der Deutsch-Israelischen
Gesellschaft (DIG), war der 23. Oktober in München ein Erfolgstag.
Denn just an diesem Tag entzog die Stadt München - nach einem
Schreiben
der DIG an die Stadträte und den OB der Stadt - den Veranstaltern
von 'Salam Shalom'
in letzter Minute die Räumlichkeiten für eine Veranstaltung mit
Ilan Pappe, dem Autor von 'Die ethnische Säuberung Palästinas'.
Da es die Israel-Lobby bekanntlich nicht gibt - nicht nur
weil es sie nicht geben darf, sondern auch weil jeder der etwas anderes
behauptet damit rechnen muss von ihr des Antisemitismus bezichtigt
zu werden - daher konnte es natürlich auch diesen Fall städtischer
Zensur im Aufrag der DIG nicht geben.
Und da es hierzulande natürlich auch keine Zensur gibt, liess die Stadt anfänglich erklären, daß ihrer Verfügung
allein Sicherheitsbedenken zugrunde gelegen hätten. Eine
Antwort
auf die Frage, wessen Sicherheit hier denn durch wen
gefährdet sei - etwa die von Ilan Pappe durch die DIG (?) - konnte
die Stadt jedoch nicht geben.
Selbst wenn real eine Bedrohung bestanden hätte, ist allein schon die Haltung der Stadt bemerkenswert, den Bürgern polizeilichen Schutz zu verwehren, deren einziger Makel darin bestand an einer Veranstaltung teilnehmen zu wollen, die nicht den Beifall der DIG fand.
Ilan Pappe, das Opfer der Willfährigkeit der Stadt schrieb am 28. Oktober einen Brief an den Münchener Oberbürgermeister, Dr. Christian Ude, in dem er feststellte:
(Den vollständigen Brief von Ilan Pappe finden Sie hier.)
Den Aussagen der Stadt zufolge war der OB - der neben diesem Protestbrief rund 50 weitere erhalten hatte - an dem Entzug der Räumlichkeiten jedoch gar nicht beteiligt gewesen.
Um so verblüffender die Antwort, die Ude vergangene Woche einem Absender eines solchen Protestbriefs zusandte. Auch er hätte nicht anders wie seine Behörde gehandelt, weil "... sich die Stadt München bei internationalen Konflikten wie zwischen ... Palästinensern und Israelis nicht mit einer Seite identifizieren sollte".
Diese Aussage wirft einige interessante Fragen auf. Zum Beispiel die, ob sich der Münchener OB wirklich nicht im Klaren darüber ist, daß er sich mit seinem Eintreten für Zensur - für die Unterdrückung von Informationen über die Situation der Palästinenser unter israelischer Besatzung - zu 100% mit 'den Israelis' identifiziert. Oder soll man annehmen, daß der Münchener OB die Unterdrückung von Informationen tatsächlich für ein Zeichen von Neutralität hält?
Wenn man die Aussagen Udes jedoch für bare Münze nimmt, dann hätte
das interessante Konsequenzen für die Arbeit der DIG in München.
Denn wenn die Stadt München tatsächlich eine neutrale Position
einnehmen wollte - so 'neutral' wie gegenüber Ilan Pappe und
'Salam Shalom' - dann müsste sie nicht nur Veranstaltungen der DIG
in städtischen Räumlichkeiten untersagen, sondern jegliche
Unterstützung für Organisationen im Dunstkreis der Israel-Lobby einstellen.
Auch sollten sich Gruppen wie 'Salam Shalom'
nicht scheuen, bei Veranstaltungen von Israel-Lobby-Organisationen
laut und deutlich zu fordern, daß diese auch Referenten wie Avi Shlaim, Norman Finkelstein, Amira Hass,
Rolf Verleger oder Ilan Pappe einzuladen hätten.
Wenn neutral - dann richtig - und für alle.
(ts)