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8. Juli: "Meine Reise nach Palästina endete in einem israelischen Gefängnis" (Fatima H.) [13.07.2011]

Meine Reise nach Palästina endete in einem israelischen Gefängnis Erst vor einigen Wochen erzählte uns unsere Freundin Fatima H., Studentin und Muslima, zum ersten Mal von ihrem Plan, an der Aktion '8. Juli - Willkommen in Palästina' teilzunehmen, die von circa 40 israelischen NGOs ausgehende Einladung anzunehmen, um Palästina mit den eigenen Augen zu sehen.

Dass der völlig legtime - nicht einmal nach israelischen Gesetzen verbotene - Versuch ohne die Leugnung des Reiseziels in die Westbank zu gelangen, zu einem dreitägigen quälenden, für sie überaus demütigendem Aufenthalt in israelischer Haft führen würde, damit hatte unsere junge Freundin so nicht gerechnet:

Meine Reise nach Palästina endete vom Flughafen Ben Gurion in einem israelischen Gefängnis außerhalb Tel Aviv.

Bereits am Frankfurter- Flughafen gab es die ersten Probleme: während wir alle bereits im Flugzeug saßen und kurz vor Abflug waren, bremste der Pilot plötzlich scharf ab. Danach unterschieden sich die Auskünfte über die Ursache dieses scharfen Abbremsens: es hieß, es gäbe ein Problem mit der Flugbremse, dann wurde dies zurückgenommen, es sei die Flugklappe, woraufhin uns einige Zeit später mitgeteilt wurde, es sei alles in bester Ordnung. Man dürfe gleich losfliegen. Schließlich endete unser Flug nach Tel Aviv erst mal im Frankfurter Terminal mit fast 7- stündiger Verspätung. Was die genaue Ursache all dessen ist, wissen wir bis heute nicht!

Als wir nun endlich spät abends am Ben Gurion Airport ankamen, war alles erstaunlich ruhig und friedlich; so dachte man. Bis ich auf meinem Weg zur Passkontrolle von einer weiblichen Sicherheitsbeamtin von hinten an der Schulter gepackt und nach hinten gezogen wurde; sie wurde von einem anderen Sicherheitsbeamten zurückgehalten, es wurde kurz etwas auf Hebräisch gesagt und ich durfte weiter gehen.

An der Passkontrolle nahm man mir meinen Pass weg und schickte mich in einem „Warteraum“, wo ich dort einige Stunden mit anderen Reisenden wartend verbrachte. Einige Stunden später führte mich ein Sicherheitsbeamter mit einem weiteren Reisenden durch mehrere Gänge nach draußen (vermutlich ein abgelegener Bereich des Flughafens). Dort stand ein Bus, umgeben von einem Großaufmarsch von Soldaten und Soldatinnen. Ich musste meine Tasche abgeben, wurde einer Ganzkörperkontrolle unterzogen und in den Bus gebracht.

Mein erster Gedanke war: wo bin ich hier? Es herrschte eine stickige Luft, Dunkelheit, Beklemmnis, Angst – schlimmer noch als ein Viehwagon. Wir waren mit ungefähr 16 Frauen, darunter junge Mädchen, in diesem Gefängnisbus - überall Insekten, Kakerlaken und diese stickige Luft, die einem das Atmen schwer machte.

Eine ältere Dame erlitt einen Schwächeanfall, ich bekam einen Hysterie- Anfall: plötzlich fing ich an zu lachen und hörte nicht mehr auf, (ich musste einen völlig verrückten, irren Anblick hergegeben haben, denn die anderen schauten mich entsetzt an); ich bemerkte, dass ich kurz davor war in ein Heulen überzugehen, bis ich mich stark zusammenriss, da mir bewusst wurde, dass ich damit möglicherweise alles noch schlimmer machen könnte.

Während wir alle im Gefängnisbus mit der Hitze, der Atemnot, der Insekten, der Enge, der Dunkelheit zu kämpfen hatten, erlaubten sich die Soldaten draußen einen Spaß und sangen, klatschen und lachten.

Nachdem wir die Nacht in diesem Gefängnisbus verbrachten, fuhren wir bei Sonnenaufgang ins israelische Gefängnis, gefühlte 1 ½ Stunden von Tel Aviv entfernt.

Dort wurden wir von mehreren Soldaten und Soldatinnen erwartet, die uns provokativ mit ihrer Kamera aufnahmen und sich offensichtlich einen Spaß erlaubten uns zu demütigen. Schließlich wurden wir alle in unsere Zellen verwiesen.

Beim Besuch der Deutschen Botschaft im Gefängnis berichtete ich von der Unmenschlichkeit; nicht die doppelten Sicherheitsschlösser/ Sicherheitsmaßnahmen, nicht die ständig und überall vorhandenen Kameras, nicht die Befragungen setzten mir zu, einzig und allein die Unmenschlichkeit der Soldaten uns gegenüber; woraufhin die Gesandte der Deutschen Botschaft sagte, dass es die Situation verlange, Härte zu zeigen. Doch sehr wohl kann man Härte zeigen und dabei menschlich bleiben! – war meine Antwort und ich machte, dass ich wieder in meine Zelle kam.

Im Gefängnis unterbreitete man mir unter Druck ein "Angebot" (ein Schreiben), welches ich im Beisein von drei uniformierten Sicherheitskräften zu unterzeichnen hätte und ich käme raus. Ich unterschrieb nicht, weil ich dieses Schreiben nicht verstand und weil ich nicht den Rest der Gruppe zurücklassen wollte; mich in Freiheit zu sehen und sie nicht, ließ mich das Angebot ablehnen.

Am Tag unserer Abreise wurden wir von mehreren Soldaten und Soldatinnen und uniformierten Sicherheitsbeamten eskortiert und strengstens kontrolliert.

Ich musste mein Kopftuch ausziehen und meine Hose runterlassen, sodass ich am Ende nur in Unterwäsche da stand.

Nach dieser letzten Kontrolle wurde ich verfolgt von den Blicken dutzender, umherstehender Uniformierter, die mich noch kurz vom Einstieg ins Flugzeug gefilmt haben.

F. H.

 (ts)

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