Institut für Palästinakunde - IPK - |
Start
/
Gesellschaft (Archiv 2011)
/
2011070500
SWR2: "Das Dilemma ist: Sozusagen durch die humanitäre Hilfe, ermöglichen wir es erst Israel,
dieses Enklavensystem aufrecht zu erhalten" - Radiofeature mit Tsafrir Cohen [05.07.2011]
Dieses Lagersystem bedeutet auch eine gewisse Entmenschlichung dieser Menschen; wenn man Menschen umzäunt, dann werden sie auch zu wilden Tieren. Da nimmt man sie auch wahr als wilde Tiere; und ich glaube, durch diesen Prozess, wo man die andere Seite nicht mehr sieht durch die Mauern und auch wahrnimmt nur noch über den Sicherheitsaspekt der Gefahr - diese Menschen werden peu à peu zu Freiwild.
Warum hungern die Leute und sterben nicht an ganz schlimmen Krankheiten in den
besetzten Gebieten, in diesen Enklaven? Weil das Ausland dies alles bezahlt. Etwa
50 Prozent des Bruttosozialproduktes der Palästinenser, etwa zwei Milliarden Dollar im
Jahr, kommen aus dem Ausland. Diese Hilfe macht es erst möglich, dass dieses
Enklavensystem funktioniert, ohne in eine enorme humanitäre Krise zu führen, die wirklich
tatsächlich zu einer Hungersnot führen würde.
Das Dilemma ist: Sozusagen durch die humanitäre Hilfe, ermöglichen wir es erst Israel, dieses Enklavensystem aufrecht zu erhalten, ohne den politischen Preis dafür zu zahlen. Nur, die Frage ist: Wer würde den Preis zahlen dafür, dass wir uns zurückziehen würden? In der Zeit würden wahrscheinlich Tausende Menschen unnötig sterben. Das heißt, wir können die humanitäre Arbeit nicht beenden, wir wissen aber auch, dass sie zu nichts führt. Dass sie Teil des Status quo ist, und dieser Status quo ist nicht haltbar.
(ts)
Ergänzende Links:
Radiofeature mit Tsafrir Cohen - Paradoxe Hoffnung auf Frieden (SWR 2)