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Gesellschaft (Archiv 2011)
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2011010401
Gaza: Jugendliche haben die Schnauze voll - Nur in Gaza? [04.01.2011]
Ein vor drei Woschen verfasstes und auf Facebook publiziertes Manifest von acht Jugendlichen in Gaza, hat internationale Aufmerksamkeit erregt.
Die Autoren - zuletzt frustriert von der Schließung ihres letzten Rückzugsorts, dem SHAREK, einem Jugend- und Bildungzentrum, in dem sie nicht von den Sittenwächter der HAMAS bedrängt wurden - machen darin ihrem Frust mit derben Worten Luft:
„Fuck Hamas. Fuck Israel. Fuck Fatah. Fuck UN. Fuck UNWRA.
Fuck USA! Wir, die Jugend von Gaza haben die Schnauze voll von
Israel, der Hamas, der Besatzung, den Menschenrechtsverletzungen und
der Gleichgültigkeit der Internationalen Gemeinschaft!”
(Übersetzung ins Deutsche von Sophia Deeg.)
Das IPK unterstützt selbstverständlich den Wunsch nach Freiheit der Jugendlichen,
findet die Aufregung um das Manifest allerdings etwa seltsam.
Dass die HAMAS versucht in Gaza eine sehr engstirnige Auslegung von Religion
und Moral auszubreiten ist bekannt und bedauerlich. Warum aber sind die
Westler nun so überrascht (wirklich?), dass es Jugendliche in Gaza gibt,
die das überhaupt nicht begeistert?
Spricht nicht aus dieser Überraschung eine gewissen kulturalistische Ignoranz und Arroganz, der Glaube, dass der Westen die Werte von Freiheit und Individualismus für sich gepachtet habe?
Im September hatte das IPK zwei Vertreter des YES-Theaters zu Gast, Ihab
und Mohammad.
Zwei junge, unglaublich kluge, engagierte und sensible Theaterleute, die
in Hebron gegen den Widerstand des sehr konservativen Establishments ein
Theater aus der Taufe gehoben haben.
Ihab sagte uns genau dasselbe wie die Jugendlichen aus Gaza.
Das Wort 'Fuck' nahm er dazu nicht in den Mund - und auf Facebook
kann man das, was er uns sagte auch nicht nachlesen.
Aber selbst wenn das der Fall gewesen wäre, hätte sich auch dann
der Guardian darauf gestürzt?
Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass das westliche Interesse an dem Aufruf vor allem dem Wunsch geschuldet ist, die Regierung der HAMAS in Gaza zu destabilisieren.
Die Palästinasolidarität sollte diesen Interessen keinen Vorschub leisten und nie vergessen zu betonen, dass ihre Solidarität allen Palästinensern gilt. Dass sie alle befreit werden müssen. Zuerst von der Besatzung und auch von der autoritäten Herrschaft der PA in Ramallah und der HAMAS in Gaza.
(ts)