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Avi Primor in Kassel: 'Holocaust macht Menschenrechte & Gerechtigkeit zu sekundären Tugenden' (HNA) - Protest der Kasseler Stadtverordneten Nuray Yildirim [28.09.2010]

Avi Primor in Kassel: Holocaust macht Menschenrechte & Gerechtigkeit zu sekundären Tugenden Am 15. September stellte der ehemalige isr. Botschafter Avi Primor in der Universität Kassel sein Buch "An allem sind die Juden und die Radfahrer schuld" vor.
In einem Bericht der 'Hessische/Niedersächsische Allgemeine Zeitung' zu der Veranstaltung, mit dem Titel 'Sicherheit, nicht Frieden, ist das oberste Gebot', schreibt der Reporter Mark-Christian von Busse:

„Wir werden uns nie wieder wie Lämmer zur Schlachtbank führen lassen" - diesen obersten Grundsatz habe Israel als Lehre aus dem Holocaust gezogen. Deshalb habe sich das Land nie als moralische Instanz begriffen und der Verteidigung der Menschenrechte und Gerechtigkeit verpflichtet gesehen, sondern das Überleben des Staates als vorrangig begriffen.

Das der isr. Staat laut Primor aus der katastrophalsten Vergewaltigung von Menschenrechten und Gerechtigkeit aller Zeiten den Schluss gezogen hat, daß für die Nachfahren oder Angehörigen der Opfer Menschenrechte und Gerechtigkeit nur Sekundärtugenden sein dürfen, die vor dem Staatsinteresse Israels unbedingt zurück zu treten hätten, kommt de facto einer moralischen Bankrotterklärung Israels gleich: Jedes isr. Bekenntnis zu Recht oder Demokratie steht damit unter dem Vorbehalt des isr. Staatsinteresses - und ist damit wertlos.

Diese Logik zu akzeptieren, bedeutet de facto den Ersatz von Ethik und Humanität durch das kalte Machinteresse eines Staates, bzw. der politischen Kaste, die diesen Staat führt.
Das dieser Staat wehrlose Menschen wie Lämmer auf die Schlachtbank führt, um 'seine Interessen' zu schützen - siehe Sabra Shatila, siehe Gaza - erscheint vor diesem Hintergrund nicht als ein Betriebsunfall, sondern als geradezu zwingend.

Das die Weltgemeinschaft einen Staat mit einem solchen Ethos akzeptiert - so wie auch seine vielhunderfache atomare Bewaffnung - erscheint objektiv als ein Fehler.

Zu einer ähnlichen Einschätzung ist auch die Stadtverordnete der Stadt Kassel, Frau Nuray Yildirim, gelangt, die gegen den Auftritt Primors protestiert und dazu von der Stadt fordert, bei Kontakten mit der isr. Partnerstadt Ramat Gan auf ein klares Bekenntnis zu den Menschenrechten zu drängen.

Es bleibt auf jeden Fall zu klären, ob die Zitate Avi Primors in der HNA als eine Analyse der isr. Verhältnisse oder als Primors eigene Sicht zu verstehen sind.

 (ts)

Ergänzende Links:
Protest von Nuray Yildirim gegen Auftritt von Avi Primor

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