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Gesellschaft (Archiv 2010)
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2010081500
Der Fall Firas Maraghy - ein Symptom unter vielen [15.08.2010]
Während für Firas Maraghy der 21. Tag seines Hungerstreiks anbricht, zeigt sich
im Moment gleich an mehreren Stellen, daß sein Fall nur ein Aspekt eines
geschichtlich einmaligen, revisionistischen Projekts darstellt.
Ein Projekt das darin besteht, 2000 Jahre Geschichte ungeschehen zu machen.
In einem Landstreifen, in dem die drei großen Religionen für viele hundert Jahre
koexistiert haben, sollen zwei dieser Religionen - bzw. deren Träger -
wegradiert werden, um so die Voraussetzungen für die Wiederauferstehung
eines mythischen Staats Israel zu schaffen.
Ein Projekt, das alle Züge eines paranoiden Fundamentalismus zeigt - und
dessen Vorgänger - an anderen Orten, zu anderen Zeiten - i.A. ein blutiges
Ende nahmen.
Während also Firas Maraghy im Schlafsack vor der israelischen Botschaft übernachtet - arbeiten die Institutionen und Angestellten des isr. Staates nicht nur fieberhaft an der Entfernung von Firas Maraghys Landsleuten aus Silwan, aus Farisysa im Jordantal und aus El-Arakib im Negev - sondern auch an der Entfernung seiner Vorfahren aus der Geschichte.
Heimlich, des Nachts,
zerstören israelische Baumaschinen Teile des viele Jahrhunderte
alten muslimischen Mamilla-Friedhofs in West-Jerusalem. Das Bild oben links zeigt
eine solche Grabstätte nur wenige Sekunden vor ihrer Zerstörung. Die Trümmer fallen
kurze Zeit später in einen Bauschuttcontainer.
Geplant ist auf einem Teil des so 'gewonnen' Geländes ausgerechnet ein - Achtung,
keine Satire (!) - 'Museum der Toleranz'. Zugegeben, das ist vielleicht der einzige
Ort, in dem man eine solche Haltung in Israel noch erwarten darf.
Während Firas Maraghy auf der Strasse nächtigt - immer noch in der Hoffnung,
das die Bekenntnisse deutscher Politiker zur Einhaltung der Menschenrechte
im Iran, in China oder in Myanmar doch auch in Israel gelten mögen - nächtigen
drei vormals frei gewählte palästinensische Volksvertreter auf dem Gelände der
Delegation des Roten Kreuzes in Jerusalem.
Die drei ehemaligen Parlamentsabgeordneten, auf der Liste der HAMAS, hoffen wie
Firas Maraghy auf die Einhaltung von Menschen- und Völkerrrecht.
Denn auch sie sollen auf Wunsch des israelischen Staates
aus Jerusalem verschwinden, der sie zuvor schon jahrelang
wg. der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung inhaftiert hatte.
Ihre Deportation, der Auszug ihrer Familien und die dann nach
israelischen Gesetzen mögliche Konfiskation ihrer Hauser soll die
'internationale Gemenschaft' verhindern, hoffen die drei.
Hoffnungen, welche die 'internationale Gemeinschaft' sicher so enttäuschen wird
wie sie das schon immer getan hat, seitdem sie es zuliess, daß die Balfour-Deklaration
vor 90 Jahren zu einem offiziellen Teil des britischen Mandats über Palästina
wurde.
(ts)
Ergänzende Links:
Solidaritäts Facebook-Seite für Firas Maraghy
Pal. Abgeordneten in Jerusalem droht die Deportation (nzz)
GÖAB protestiert bei C. Ashton - EU Aussenkomissarin