Institut für Palästinakunde
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Aufruf an alle deutschen Organisationen zur Gründung eines internationalen Netzwerks zur Unterstützung der palästinensischen Basisbewegung des gewaltfreien Widerstands [16.04.2010]

von Dr. Fanny Reisin (ILMR)

Liebe Mitstreiter, liebe Mitstreiterinnen,

im fünften Jahr der ersten Freitagsdemonstration gegen den Sperrzaun in Bil’in wird die für den 21. bis 23. April anberaumte 5. internationale Bil’in Konferenz auf Hochtouren vorbereitet. Erwartet werden Hunderte Aktivistinnen und Aktivisten aus aller Welt. Allein aus Frankreich planen 100 TeilnehmerInnen zu fahren, aus Italien 60 und aus Spanien ebenso viele. Aus der Bundesrepublik werden wir – so weit ich es überblicke – nicht mehr als fünf sein.

Nicht desto trotz gibt es eine Möglichkeit, die zivilgesellschaftliche Bewegung des gewaltfreien Widerstands in Palästina zu unterstützen und die Vielzahl der Unterstützungsorganisationen sichtbar zu machen.

Im September des vergangenen Jahres traf sich auf Initiative von Luisa Morgantini eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten aus einigen Ländern Europas, um ein internationales Netzwerk zur Unterstützung der palästinensischen Bewegung des gewaltfreien Widerstands ins Leben zu rufen. Auf der kommenden Bil’iner Konferenz wird das Netzwerk zusammen mit einem Aktionsplan offiziell gegründet.

Alle Solidaritätsorganisationen, die es unterstützen und namentlich als Unterstützer genannt sein wollen, sind aufgerufen, sich innerhalb der nächsten zwei Wochen bei mir/uns zu melden (Stichwort: PopResist). Gut wäre es, drei bis fünf Zeilen zum Profil der Organisation/Gruppe mitzuschicken.

Gerne werden wir auf der Konferenz die einzelnen Organisationen vorstellen und auch dafür eintreten, dass die Profile der Unterstützungsorganisationen auf der Web-Seite des Netzes publiziert werden. Die internationale Vernetzung soll ja – das ist das Ziel – verdichtet werden. Die wechselseitige Sichtbarkeit der einzelnen Organisationen in Europa wäre ein Anfang.

Wenn irgend möglich, wäre es gut, das Profil nicht nur in deutscher, sondern auch in englischer Sprache zu bekommen. Anderenfalls müssten – das wäre auch ok - wir es übersetzen.

Angehängt ist das ins Deutsche übersetzte Gründungsdokument und Selbstverständnis des Netzwerks sowie - in Englisch – der Aktionsbericht der zivilgesellschaftlichen Bewegung des gewaltfreien Widerstands in der Westbank und ihr vorläufiger Aktionsplan.

Ich denke, dass beide eine gute Basis für eine positive Entscheidung sind.

Die Bewegung ist gegenwärtig in der Westbank unsäglichen Übergriffen der israelischen Regierung und Armee ausgesetzt. Bil’in und Nil’in wurden bekanntlich für jeden Freitag bis August d. J. zu militärischen Sperrzonen erklärt. Razzien in Häusern und Militäreinsätze in den Dörfern halten an. Die palästinensischen und israelischen Aktivisten vor Ort halten den Widerstand – nach wie vor gewaltfrei unter Einsatz ihrer bloßen Körper – aufrecht. Viele sitzen – wie der Koordinator des Bürgerkomitees Bil’in und Träger der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2008 – seit Monaten in Haft – nicht wenige Minderjährige, nur zum Zweck der erzwungenen Belastung weiterer Aktivisten.

Dass die Bewegung des gewaltfreien Widerstands in der Westbank auf internationale Unterstützung angewiesen sein würde, war von Anbeginn klar. In den vergangenen fünf Jahren haben die palästinensischen und israelischen AktivistInnen mutig und entschlossen, neue und zukunftsweisende Formen des Widerstands gegen Unrecht und Gewalt entwickelt, die weltweit überzeugten. Die breite internationale Unterstützung zeugt davon.

Gegenwärtig braucht der gewaltfreie Widerstand in Palästina jedoch nachhaltigen internationalen Schutz. Seine Erfolge stehen im Visier der israelischen Regierung und Armee. Die Koordinations- und Bürgerkomitees sollen zerschlagen, die gewaltfreie Bewegung mit allen Mitteln zerstört werden. Damit sucht man auf Seiten Israels, die sich verbreitende Delegitimierung der Siedlungs-, Mauer- und Besatzungswillkür aufzuhalten. Ganz gleich, ob die mögliche Provokation von bewaffnetem Widerstand von einer Regierung, die den Frieden partout nicht will, strategisch einkalkuliert ist oder nicht, zeigen die jüngsten Vorstöße Israels gegen Bil’in, Nil’in oder Al Mashara, dass man in Israel nicht zuletzt auch die internationale Solidaritätsbewegung als ohnmächtig vorführen und von der palästinensischen Widerstandsbewe­gung abtrennen will. Diesem Ansinnen sind wir, „Internationalen“, in der Bundesrepublik und anderswo unsererseits zur Widerständigkeit aufgerufen. Mehr denn je kommt es gegenwärtig darauf an, Solidarität mit dem zivilgesellschaftlichen Widerstand in Palästina zu demonstrieren und in einen wirksamen Schutz zu überführen.

Deshalb bitten wir dringend: Erstens das Netzwerk zu unterstützen und zweitens die vorgeschlagenen Aktionen – wir werden nach unserer Rückkehr berichten – mit höchster Priorität auf die Tagesordnung für die kommenden Monate zu setzen.

Mit vielen Grüßen
Fanny-Michaela Reisin

 (ts)

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