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Wahlen 2021: Deutsche Parteien zum Nahen Osten surreal und rechtswidrig [01.09.2021]
Wenn man durch die Palästina-Brille in die Wahlprogramme von CDU, FDP, GRÜNE und SPD blickt, so stellt man fest, daß sich die Parteien in diesem Punkt sowohl von der Realität als auch vom demokratischen Rechtsstaat verabschiedet haben.
Die Sicherheit und das Existenzrecht Israels sind Teil der deutschen Staatsräson. (CDU)
Israels Sicherheit und Existenzrecht ist Teil der Staatsräson Deutschlands. (SPD)
Dabei bleibt die Sicherheit und das Existenzrecht Israels als jüdischer und demokratischer Staat für uns Staatsräson ... (FDP)
Die Sicherheit des Staates Israel ist ein Teil der deutschen Staatsräson. (GRÜNE)
Damit ignorieren CDU, SPD und FDP nicht nur die Realität, in der Israel die völkerrechtlich unstritigen
Rechte der Palästinenser in bzw. auf deren eigenen Heimat seit 1948 leugnet und mit allen Mitteln bekämpft.
Vielmehr unterstützen sie das kriminelle Treiben auch noch, indem sie dieses Unrecht mit der Formel des
"Existenzrecht Israels" in ein Recht verwandeln. Als ob Israel ein Recht auf Unterdrückung, Vertreibung und
Beraubung von Palästinensern hätte - und der Protest und der Widerstand dagegen ein Unrecht seien.
Genauso, wie sie - inklusive der GRÜNEN - an der surrealen "Zweistaatenlösung" festhalten und dabei ignorieren, daß Israel alles in seiner Macht stehende getan hat und tut, um eine Zweistaatenlösung zu verhindern, vor allem durch die ununterbrochene illegale Besiedlung der Westbank.
Nun ist die Leugnung der Realität für politische Parteien nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist hingegen, daß alle Parteien sie unisono leugnen.
Nicht ungewöhnlich sondern antidemokratisch und rechtswidrig ist jedoch, daß die Parteien dabei die Staatsraison beanspruchen. Ein Objekt für das es in einem demokratischen Rechtstsaat keinen Platz gibt, da die Staatsraison per Definition über dem Recht steht.
Staatsraison steht für die autoritäre Herrschaft durch Dogmen, für die Unterdrückung des demokratischen Diskurses und den Missbrauch staatlicher Macht, um Kritiker und Gegner zum Schweigen zu bringen. Ihnen soll nicht mit den Mitteln des Diskurses entgegen getreten werden - - mit Argumenten oder Fakten - sondern mit Verboten, Verleumdungen und Drohungen.
Das sind keineswegs weit hergeholte Befürchtungen, denn die Parteien haben diesen antidemokratischen und rechtswidrigen Weg bereits beschritten.
Manifest wurde das mit dem BDS-Beschluss des deutschen Bundestags im Jahr 2019. Ein formal nicht bindender, rechtswidriger Beschluss mit dem Ziel die BDS-Kampagne zu kriminalisieren, die das Existenzrecht der Palästinenser in deren eigenen Heimat verteidigt und dazu fordert, sich deren Unterdrückung, Vertreibung und Beraubung mit legalen und friedlichen Mitteln zu widersetzen.
In diesem Beschluss wird die BDS-Kampagne wider besseres Wissen als antisemitisch stigmatisiert: Staatliche Organisationen - vom Bund über die Länder bis hin zu den Kommunen - werden dazu aufgefordert sie zu boykottieren und den Befürwortern die Rechte aus Artikel 3 GG und 5 GG abzusprechen.
Zu allem Überfluss wurden auch noch Behörden geschaffen - geleitet von sogenannten Antisemitismus-Beauftragten - deren Aufgabe u.a. darin besteht, Bürgern und Organisationen die an der BDS-Kampagne beteiligt sind - oder von denen das behauptet wird (!) - zu überwachen und ihnen unter Missachtung von Artikel 20 GG die Rechte aus Artikel 3 und 5 GG abzusprechen.
Wer Demokratie und Rechtstaat für einen essentiellen Teil unseres Gemeinwesens hält, dem kann man nicht raten CDU, FDP, GRÜNE oder SPD zu wählen.
Nachtrag zur Staatsraison
Staatsraison ist ein Prinzip, das die Interessen des Staates über alle anderen (partikularen oder individuellen) Interessen stellt.
Nach diesem absolutistischen bzw. obrigkeitsstaatlichen Prinzip ist die Erhaltung der Macht, die Einheit und das Überleben des Staates ein Wert an sich und rechtfertigt letztlich den Einsatz aller Mittel, unabhängig von Moral oder Gesetz. Das Prinzip der Staatsraison wird heute noch von autoritären Regimen gepflegt.
Quelle: Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 7., aktual. u. erw. Aufl. Bonn: Dietz 2020. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.
(ts)
Ergänzende Links:
Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages: BDS-Bundestags-Resolution als Gesetz verfassungswidrig (ipk)
Anti-BDS-Kampagne: Brandbeschleuniger für Nationalisten, Rassisten und Antisemiten (ipk)