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Internationaler Antisemitismusgipfel: Frankfurter Bürgermeister erntet Absagen und Kritik [22.03.2021]

Open Letter to Mayors Concerning Upcoming Summit Against Antisemitism Am 16. März fand in Frankfurt der Mayors Summit Against Anti-Semitism statt. Zu den Gastgebern des Online-Events gehörte auch der Frankfurter Bürgermeister Uwe Becker, der zugleich DIG-Vorsitzender und hessischer Antisemitismus-Beauftragter ist.
Becker, ein erklärter Zionist, ist schon mehrfach wegen seiner Verachtung der Palästinenser und des internationalen Rechts negativ aufgefallen, insbesondere für die Verachtung der aus dem internationalen Recht entspringenden Rechte der Palästinenser.

Ein Ziel des Gipfels sollte in der Promotion der umstrittenen IHRA-Antisemitismus-Definition bestehen. Diese "Definition" nicht nur vollkommen unbrauchbar, sondern auch ausgesprochen schädlich. Unbrauchbar, da sie nicht eine der Anforderungen erfüllt, die eine seriöse Definition erfüllen müsste. Schädlich, da sie dem Kampf gegen den Antisemitismus jedwede Glaubwürdigkeit raubt, indem sie praktisch dazu auffordert, Israels Verbrechen an den Palästinensern unter den Teppich des "Kampfs gegen den Antisemitismus" zu kehren.

Protest

Dies veranlasste vierzehn jüdische Organisationen zu einer Erklärung - Open Letter to Mayors Concerning Upcoming Summit Against Antisemitism - in der sie die Gipfel-Teilnehmer dazu aufforderten, die IHRA-Definition zurückzuweisen. Mehrere BDS-Aktivisten, darunter auch deutsche, wendeten sich dazu per Email und Twitter an die teilnehmenden Bürgermeister, um sie auf die fragwürdigen Ziele des Gipfels hinzuweisen.

Wirkung

Die Oberbürgermeister Palermos und Bologna, Leoluca Orlando und Virginio Merola, sagten ihre Teilnahme an dem Gipfel ab. Leoluca Orlando begründete dies auf twitter wie folgt:

"Strong rejection of anti-Semitism and great respect for the Israeli people and, at the same time, my great respect for the principles and rights in the frame international law".

Die Bürgermeisterin Amsterdams, Femke Halsema, zog ihre Beteiligung an dem Gipfel nicht zurück. Sie nutzte ihn jedoch dazu, die israelische Regierung zu kritisieren, weil diese die Antisemitismus-Anschuldigung erst im Februar zur Diffamierung des ICC benutzt hatte.

Reaktionen aus Frankfurt

Der Frankfurter Bürgermeister tat darauf, was die bedingungslosen Verteidiger Israels in solchen Fällen immer tun: die Realität leugnen, die Kritiker/Gegner zu antisemitischen Verbrechern zu erklären, um dann als deren Opfer zu posieren.

So schrieb Becker anlässlich der Absagen der Bürgermeister Palermos und Bolognas in einer Email vom 19.3 an den jüdischen Verleger Abraham Melzer, dass dies beweise, "dass es sich bei BDS und Konsorten nicht um eine friedliche Bewegung handelt, sondern um eine gewalttätige, antisemitische Organisation".

Bereits 2919 hatte Becker behauptet, dass immer mehr Menschen die "Unterstützung [der BDS-Bewegung] durch weltweit operierende Terrororganisationen" sähen.

In einem gesunden politischen Umfeld müssten solch surreale Behauptungen, die ernste Fragen nach der geistigen Verfassung des Urhebers aufwerfen, zu Rücktritt-Forderungen führen.

Im Frankfurter Kommunalparlament, bei der "Deutsch-Israelischen Gesellschaft" und im Amt des Antisemitismus-Beauftragten des Landes Hessen gilt das hingegen scheinbar als Ausdruck eines besonderen Engagements.

 (ts)

Ergänzende Links:
The Mayors of Bologna and Palermo Withdraw From a Summit Aimed at Shielding Israel From Accountability (BDS-Italia)
Open Letter to Mayors Concerning Upcoming Summit Against Antisemitism (UV)

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