Institut für Palästinakunde
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Rede von Nurit Peled Elhanan auf dem 'Russell Tribunal on Palestine' [06.11.2011]

Are Israel's practices against the Palestinian People in breach of the prohibition on Apartheid under International Law? Rede der israelischen Friedensaktivistin und Initiatorin des Russell Tribunal on Palestine Nurit Peled-Elhanan vor dem Tribunal im südafikanischen Cape Town.

Wie rassistische Gesetze eine Nation einsperren

Wie die Apartheid in Südafrika, so ist die auf die palästinensischen Bürger in Israel und die palästinensischen Nicht-Staatsbürger außerhalb der Grenzen Israels, in den besetzten Gebieten Palästinas, angewandte Apartheid legal und auf Gesetze gestützt.

Allein in diesem Jahr wurden mehr als 16 rassistische Gesetze von der israelischen Knesset erlassen. Unter anderem das Gesetz gegen Trauerbekundungen am Nakba Tag; das Gesetz, das es Auswahl-Komitees ermöglicht Menschen für den Zuzug in jüdische Gemeinden innerhalb Israels zu selektieren, das Gesetz, das es dem Jewish National Fund gestattet Land nicht an arabische Bürger zu verpachten; das Gesetz welches die Bewegungsfreiheit der Palästinenser innerhalb der besetzten Gebiete auf ein erschreckendes Minimum einschränkt - von Ramallah nach Ost-Jerusalem zum Beispiel, das Gesetz, das es erlaubt die Benutzung von Autobahnen auf Juden einzuschränken, was den palästinensischen Verkehr auf alte, enge und extrem gefährliche Straßen einschränkt, die fast jeden Tag ihren Tribut an Menschenleben einfordern, das Gesetz, das palästinensische Familien trennt, wenn ein Elternteil in Jerusalem geboren wurde und der andere nicht, so dass Kinder ohne Mütter oder Väter bleiben, das Gesetz, das es den Palästinensern verbietet Waren aus jüdischen Siedlungen, die auf palästinensischem Land gedeihen, zu boykottieren und das Gesetz, das das Landeigentum von Palästinensern aufhebt, wenn dieses Land Teil einer illegalen jüdischen Siedlung ist, was die Kolonisierung und den gewaltsamen Raub von privatem Eigentum legalisiert.

Die Apartheid in Israel drückt sich in den sehr geringen Budgets für palästinensische Bildung und kommunale Dienstleistungen aus, in dem schlechten Zugang zu Arbeitsplätzen und Chancen und in dem völlige Fehlen von Baugenehmigungen, die alle palästinensischen Bauten in Israel illegal macht.

Palästinensische Bürger und Beduinen werden aus ihren Häusern vertrieben, und das ist alles legal. Die Opfer können kein Gericht anrufen, außer vielleicht das Russell-Tribunal.

Aber die Apartheid zeigt sich auch im Alltagsleben, in dem zulässigen rüden Verhalten der Polizisten, die jeden kontrollieren und demütigen können der wie ein "Araber" aussieht und sich den wohlhabenden Vierteln in Tel Avivs oder Jerusalems nähert, in den rassistischen Erklärungen von Ministern wie dem Minister für innere Sicherheit Aharonovich, der die Probleme im Süden Tel-Avivs mit den Worten zusammenfasste, dass der Ort von "Huren und Araber verseucht“ sei, in den Erklärungen von Oberrabbinern und Ex-Oberrabbinern, sowohl zivile als auch militärische, welche die Soldaten aufforderten den "Feind" zu töten, wo immer und wann immer sie könnten, auch wenn der Feind ein Baby sei.

Demographisches

In der ständigen Diskussion von Politikern über die demografischen Dämonen, welche die arabischen Bürger sind; bei der Aufstellung von Quoten für Araber in höheren Bildungseinrichtungen; und vor allem in der seltsamen Tatsache, dass kein Folterer oder Mörder von palästinensischen Kindern jemals eine ernst zu nehmende Zeit in eiinem Gefängnis verbracht hat, während palästinensische Kinder von 12 oder 15 Jahren illegal und ohne Grund lange Zeiten in Gefängnissen verbringen, ohne einen Anwalt oder ihre Eltern zu sehen und ohne Hoffnung.

Palästinensisches Blut kann straflos vergossen werden in Israel und in den besetzten Gebieten. Palästinensische alltägliche Existenz ist unmöglich. Grausamkeit, Demütigung, Hunger, Folter und Tod bestimmen die Beziehungen zu ihren Herren, ihren Besatzer und ihren Gouverneuren.

Die Frage, die mich lange Zeit beschäftigt hat ist, wie israelische Bürger, einschließlich der Kinder, die im Alter von 18 der Foltermaschine - der IDF - beitreten, die Diskrepanz zwischen den Werten, mit denen sie erzogen werden und den Praktiken der Unterdrückung ihrer Nachbarn bewältigen.

Die Antwort auf diese Frage liegt in der Bildung. Weil die Apartheid nicht nur ein Haufen von rassistischen Gesetzen ist, sie ist ein geistiger Zustand, der durch die Erziehung geformt wird.

Israelische Kinder werden von einem sehr jungen Alter an erzogen, die "arabischen" Bürger und "Araber" im Allgemeinen als ein Problem zu sehen, das gelöst werden - in der einen oder anderen Weise eliminiert werden muss.

Sie können durchs Leben gehen, ohne jemals ein palästinensisches Kind zu treffen - mit einem zu sprechen. Sie wissen nichts über das Leben dieser Menschen, die 100m von ihnen entfernt wohnen, manchmal in der gleichen Straße wie in Abu-Tur in Jerusalem.

Dem israelischen Bildungssystem gelingt es mentale Mauern zu errichten, die weit dicker als die Betonmauern sind die gebaut werden, um das palästinensische Volk einzusperren und seine Existenz vor unseren Augen zu verstecken.

Deshalb protestieren Israelis nie gegen die Apartheid-Mauer. Die meisten Israelis, darunter linke Zionisten, sehen die Mauer als eine geeignete Lösung des "Problems". Sie betrachten die Palästinenser nicht als menschliche Wesen wie sie selber, sondern als eine minderwertige Spezies, die weitaus weniger verdient hat.

Dies kann auch die Sorge und die Ekstase über den gefangenen Soldaten Gilad Shalit erklären, der zu "einem entführten Kind" wurde, und die völlige Gleichgültigkeit gegenüber den hunderten von palästinensischen Kindern, die von voll bewaffneten Soldaten buchstäblich aus ihren Betten entführt und ins Gefängnis geworfen werden, für Steinwürfe, für nicht am richtigen Ort gewesen zu sein oder Soldaten unhöflich angesprochen zu haben oder einfach nur wegen ihres Vorhandenseins.

Die Apartheid in Israel und Palästina, aufgebürdet und praktiziert von den israelischen Sicherheitskräften, wird durch einen tiefen Rassismus ermöglicht, der jeden Tag eingeübt wird, in allen Lebensbereichen, in jeder Begegnung oder Handlung, in der Bildung und in den Medien, die sich vollständig der Produktion und Reproduktion von Ängsten und Fremdenfeindlichkeit widmen.

Hoffen wir, dass das Russell-Tribunal zu Palästina dazu beiträgt die internationale Bewusstsein um diese schreckliche Geistes-Infektion zu verstärken und Wege zu finden, um uns alle zu heilen.

 (ts)

Ergänzende Links:
Do Israeli policies constitute apartheid?

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