Institut für Palästinakunde - IPK - |
Start
/
Meinung (Archiv)
/
2011012500
Negotiations mean, that you can say no! [25.01.2011]
Der Inhalt der von Aljazeera enthüllten Papiere - The Palestine Papers - kann niemanden wirklich überraschen.
Verhandlungen zwischen zwei Parteien machen nur dann einen Sinn, wenn beide 'Nein' sagen können. Die 'Palestinian Authority' kann und konnte das nicht. Und das liegt nicht etwa an den Personen - an Mahmoud Abbas oder Saeb Erekat - sondern schlicht an der Machtverteilung.
Die 'Palestinian Authority' verfügt über keine Macht gegenüber den Besatzern. Sie
kontrolliert nicht einen einzigen der Punkte, die bei den Verhandlungen
auf der Tagesordnung stehen. Sie verfügt nicht über das Land, nicht über das Wasser,
nicht über die Transportwege, nicht über die Bevölkerung und nicht über
eigene, unabhängige Einkünfte.
Machtpolitisch verkörpert sie die die leere Menge.
Die 'Palestinian Authority' - mit ihrem obersten Repräsentanten Yassir Arafat - war von Anfang nur mit einer Macht ausgestattet: Mit der Macht das eigenen Volk zu unterdrücken. Ihre einzige Aufgabe bestand darin, die vergleichsweise erfolgreiche erste Intifada zu zerschlagen - und sich als Subkontraktor der Besatzer zu betätigen. Besatzer, die den Friedensprozess einzig dazu nutzten, um die Anzahl der Siedler zu verfielfachen und sich die Filetstücke aus der Beute herauszuschneiden.
Das Ergebnis dieser Politik war die zweite Intifada - die Arafat entweder nicht zerschlagen konnte oder wollte. Damit wurde er überflüssig - und durch Mahmoud Abbas ersetzt.
Abbas, der schon in Oslo federführend beim Ausverkauf der Rechte der Palästinenser war, setzte diese Politik konsequent fort. Dazu setzte er auf das totale Appaeasement gegenüber den Besatzern, was die Aljazeera zugespielten Dokumente deutlich illustrieren, verbunden mit dem unbegreiflichen Glauben, dass er dafür von den USA oder den Europäern unterstützt werden würde.
Appeasement - ein konsequentes Zurückweichen vor dem Aggressor, eine nicht enden wollende Nachgiebigkeit - führt jedoch nicht etwa dazu, dass der Aggressor nachlässt - warum sollte er auch - sondern dazu, dass er seine Forderungen erhöht - während die Lage für sein Opfer immer prekärer wird.
Genau an diesem Punkt sind wir heute angelangt. Der Aggressor - bestärkt durch die unbegrenzte Nachgiebigkeit nicht nur der 'Palestinian Authority', sondern auch ihrer Finanziers - der Europäer - und der USA - kann vor Kraft kaum laufen, während die Palästinenser wie gelähmt, ohne irgendeinen Schutz dastehen.
Nachdem nun nicht mehr zu übersehen ist, dass der
Kaiser nackt
ist, ist
die Zweistaaten-Verhandlungs-Lösung Geschichte.
Aber es gibt nicht den allergeringsten Anlass sich darüber zu freuen,
denn die Einstaatenlösung liegt zur Zeit keinesfalls näher.
Im Moment geht es erst einmal darum, die nackte physische Existenz
der Palästinenser zu retten. Dazu muss hierzulande endlich an der BDS-Kampagne
gearbeitet, nicht etwa nur darüber debattiert werden.
'Nie wieder!' bedeutet heute die Verpflichtung, dass wir - die Palästina-Solidarität - eine zweite nakba verhindern müssen.
P.S.; Es ist durchaus denkbar, dass die Aljazeera zugespielten
Papiere aus israelischer Quelle stammen, um damit die unilaterale
Ausrufung Palästinas vor der UN zu torpedieren.
Für die machtpolitische Bewertung der Lage ist diese Frage jedoch
nicht von Bedeutung.
(ts)