Institut für Palästinakunde
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Start / Kultur (Archiv 2011) / 2011082300

Dilettantische Ermittlungen und erneute Attacke auf Mitarbeiter des 'Freedom Theatre' [23.08.2011]

Schlechte und gute Nachrichten aus Jenin Aus dem Freedom Theatre erreichen uns gemischte Nachrichten: schlechte wie auch vergleichsweise gute.

Die schlechte Nachricht ist, dass die israelische Armee heute, am frühen Montagmorgen, einen weiteren Mitarbeiter des 'Freedom Theatre' attackiert und verhaftet hat.
Diesmal traf es den Bruder des bereits verhafteten Leiters der Technik, Adnan Naghnaghiye. Nachdem israelische Soldaten das 'Freedom Theatre' heute Nacht um 02:00 Uhr umstellt hatten, wurde der oberhalb des Theaters wohnende Mohammed Naghnaghiye unter Schlägen von israelischen Soldaten gefesselt und abgeführt - und die Wohnung seiner Familie auf den Kopf gestellt.

Die vergleichsweise gute Nachricht ist, dass es am Tag zuvor, am Montag, endlich auch zu einer Anhörung der Fälle der drei bereits verhafteten Mitarbeiter und Schüler des 'Freedom Theatre' kam.
Wie schon vom Leiter Manager des Theaters Jacob Gough vermutete, sollen die Verhaftungen nach allem Anschein dazu dienen, den Mörder von Juliano Mer-Khamis zu finden.

Das Vorgehen der israelischen Behörden ist dabei jedoch von einem ausgeprägten Dilettantismus geprägt, so man dem lesenswerten, leicht ironischen Artikel von Amira Hass in der haaretz folgt: From Jenin's Freedom Theater to jail.
Dieser Artikel ist auch deswegen lesenswert, weil er einen Eindruck der kafkaesken israelischen Militärberichtsbarkeit gibt, die es unter anderem zulässt dem Angeklagten und seinem Anwalt die 'Beweismittel' des Staatsanwaltes vorzuenthalten.
(Andere Palästinenser - wie etwa Bassem Tamimi aus Nabi Saleh - trifft es ungleich härter.)

Angesichts der Grobschlächtigkeit der Ermittlungen und dank der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wird Rami Hwayel, der 2009 unser Gast in Bonn war, in zwei Wochen freigelassen werden. Aber auch in diesem Fall gelingt es der israelischen Militärjustiz ihre sagenhafte Verurteilungsquote zu halten. Rami Hwayel bekannte sich schuldig, sich 2010 ohne Genehmigung in Israel befunden zu haben, wofür er zu einem Monat Gefängnis verurteilt wurde. Die zwei Wochen Haft werden ihm dabei großzügigerweise anerkannt.

Für den Leiter der Technik, Adnan Naghnaghiye sieht es weniger gut aus. Zwar wird er nun nicht mehr des Mordes bezichtigt, aber der Mitgliedschaft in einer illegalen Vereinigung. Ein Verbrechen, für das er durchaus viele Monate im Gefängnis landen kann, es sei denn er lässt sich so wie Rami Hwayel auf einen Kuhandel - 'plea bargaining' - mit dem Militärsstaatanwalt ein.

 (ts)

Ergänzende Links:
From Jenin's Freedom Theater to jail (A. Hass)
Shin Bet accused of exceeding its authority in Mer-Khamis murder case (haa)

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