Institut für Palästinakunde
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Reaktionen auf die Zensur der nakba-Ausstellung in Düsseldorf [28.03.2011]

Reaktionen auf die Zensur der nakba-Ausstellung in Düsseldorf Das IPK hat sich entschlossen zwölf der Protestbriefe bzw. Stellungnahmen zu veröffentlichen, die uns im Zusammenhang mit der skandalösen Schliessung der Düsseldorfer Ausstellung - Die Nakba - Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948 - erreicht haben.

Damit möchten wir uns nicht nur bei allen engagierten Mitstreitern bedanken, sondern auch allen anderen Mut machen sich gegen die Zensur durch die Obrigkeit zu wehren. Schliesslich steht hier nicht nur eine Ausstellung in Düsseldorf zur Debatte, sondern die Freiheit der Berichterstattung und der Aufklärung in ihrer Gesamtheit, nicht nur in Sachen Palästina.


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Elbers,

ich protestiere mit Nachdruck gegen die Entscheidung Ihres Sozialdezerneten, die Nakba-Ausstellung zu schließen und die für den 29. März angesetzte Diskussion zu verhindern. Auf welchem undemokratischen Feld bewegen wir uns, wenn derartige Entscheidungen unwidersprochen bleiben. Ist es die Unkenntnis oder die Ignoranz, die einen Sozialdezerneten zu derartigem Handeln veranlasst. In jedem Falle disqualifiziert sie ihn.
Auch wenn ich mit meinem Jahrgang 1940 nur noch das Ende unseres Landes in seiner schlimmsten geschichtlichen Phase erlebt habe, ist mir später bewusst geworden, dass vieles geschehen ist, indem elementare demokratische Strukturen und die Meinungsfreiheit unterdrückt waren. Wenn wir uns heute zurecht aufgrund unserer schrecklichen Geschichte dem Staate Israel verpflichtet fühlen, sollten wir immer bedenken, dass die Auswirkungen dieser Entwicklung auch immer die Interessen des palästinensischen Volkes einschließen muss. Bei aller Wiedergutmachung, wobei ich der Auffassung bin, dass dieser Begriff bei dem Leid, was unser Land zu verantworten hat, nicht gerecht werden kann, sollte uns aber eine sachliche Auseinandersetzung mit den geschichtlichen Fakten des Israel-Palästina-Konfliktes erlaubt sein. Hier kann ich nur sagen: Wehret den Anfängen autoritärer und undemokratischer Strukturen!
Die Nakba-Ausstellung stellt eine sehr gute Grundlage zu einer sachlichen Auseinandersetzung dar und gibt keinerlei Anlass zur Verhinderung der damit verbundenen Informationen. Die Entwicklungen und das Bemühen um demokratische Veränderungen im Nahen Osten und in Nordafrika werden hierzulande sehr positiv verfolgt, da sie u.a. auch mit einer Öffnung und Meinungsfreiheit verbunden sind. Mit der Entscheidung ihres Sozialdezernenten bewegen wir uns in die entgegengesetzte Richtung. Die Stadt Düsseldorf gibt damit ein sehr trauriges Bild ab.

Mit freundlichen Grüßen
H. S.


Sehr geehrter Herr Hintzsche,

mit Befremden habe ich zur Kenntnis genommen, dass die Ausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“ geschlossen wurde.

Die Erklärungen der Stadt Düsseldorf erscheinen in keinster Weise nachvollziehbar und ausgreichend begründet. Ich fordere Sie auf, Ihre Entscheidung schnellstmöglich zu revidieren.

Über einen baldigen positiven Bescheid Ihrerseits würde ich mich freuen, mit freundlichen Grüßen,

K. S.


Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrter Herr Hinztsche,

ich schließe mich dem Schreiben von Frau Böhnke-Egbaria vollinhaltlich an. Als Deutsche Staatsbürgerin bin ich über Ihre Vorgehensweise mehr als empört. Das ist einem Staat, der sich selbst als demokratisch bezeichnet nicht würdigt. Sie vertreten diesen Staat. Innerhalb Deutschlands, aber auch nach Außen.

Bitte teilen Sie mir die Begründung für die Schlißung der Ausstellung mit, sowie die weitere Vorgehensweise Ihrerseits in dieser Sache.

Mit einem Gruß aus W.
E. M.


Sehr geehrte Herren,
als Mitorganisator der Nakba-Ausstellung in X. protestiere ich energisch gegen die Zensur in Düsseldorf. Dieser Anschlag gegen die Meinungsfreiheit richtet sich letztlich gegen die arabische Bevölkerung in Israel/Palästina, die nach wie vor rassistisch unterdrückt, entrechtet und verdrängt wird.

K. G.
aktiv im DGB-Stadtverband X.


Sehr geehrter Herr Hintzsche,

mit großer Befremdung habe ich von dem von Ihnen veranlassten Abbruch der Ausstellung "Die Nakba - Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948" in der VHS Düsseldorf erfahren. Es ist mir unverständlich, wie Sie zu dieser Zensur gekommen sind. Freunde und Nachbarn, denen ich davon berichtete, sind ebenso erschrocken über dieses Verfahren der Stadt Düsseldorf.

Es handelt sich bei der Ausstellung um ein Projekt des Vereins "Flüchtlingskinder im Libanon e.V.", das mit einer finanziellen Bezuschussung durch die Stiftung Entwicklungszusammenarbeit des Landes Baden-Württemberg und durch den Evangelischen Entwicklungsdienst gefördert wurde.

Wie Ihnen bekannt ist, werden Projekte, die mit öffentlichen oder/und kirchlichen Mitteln gefördert werden, sehr nach Konzeption, Inhalt und Aussage geprüft. Ich habe früher selber (als Referentin des DWR) Stellungnahmen für Projektanträge an verschiedene Stiftungen (z.B. Aktion Mensch, Stiftung Wohlfahrtspflege usw. ) vorgeprüft, bevor sie dann an die Entscheidungsgremien weitergeleitet wurden. Ich kann Ihnen versichern, dass gerade was kirchliche Projekte - und dann besonders zu diesem Thema - angeht, sehr genau hingeschaut wird, um falsche Sichtweisen zu vermeiden.

Die Ausstellung wurde in den letzten Jahren an unterschiedlichen Orten in verschiedenen Städten gezeigt und dazu zu Gesprächen eingeladen. Auch in Düsseldorf wurde in die Ausstellung eingeführt und ein Vortrag mit Diskussionsmöglichkeiten war geplant. Ich selber war zur Eröffnung da und habe mir die Ausstellung mit großem Interesse angesehen. Sie ist sehr dezent in der VHS aufgebaut, man kann, man muß nicht hingehen, sie will informieren, aber nicht bedrängen. Es werden Daten, Fakten, historisches Karten-.und Bildmaterial gezeigt, Zeitzeugen kommen zu Wort, es wird über die Situation der Flüchtlinge heute informiert (und dies sowohl in den besetzten Gebieten als auch im Libanon, Syrien, Jordanien). Wer sich mit dem Thema befasst hat, findet in der Ausstellung alle Angaben zusammengestellt, die in vielfältigen Veröffentlichungen (auch von kritischen Israelis) nachzulesen sind. Ich selber beschäftige mich seit Jahren mit dem "Frieden im Heiligen Land", bin Mitglied im Jerusalemverein, der die evangelische Schularbeit in Palästina unterstützt und finde, dass es sich bei dieser Ausstellung um eine klare, professionelle Zusammenstellung der Vergangenheit und Gegenwart der Palästinenser (entsprechend der Möglichkeiten auf so kleinem Raum) handelt, ohne Polemik, ohne Haßparolen, ohne Verfälschung der Tatsachen. Warum sollte diese Sichtweise für den Frieden im Nahen Osten nicht hilfreich sein?

Sicherlich ist es für uns ungewohnt, die Geschichte des modernen Israels aus Sicht der Palästinenser zu betrachten. Für Israelis ist dies sogar ein Tabuthema. Aber ist es für einen Friedensprozess nicht wichtig, dass es zur Aussöhnung kommt? Und ist es dann nicht wichtig, dass beide Seiten mit ihren Erlebnissen, ihren Katastrophen angesehen werden, sich in ihrem Leid sehen?

Für Sie ist das Thema "Trauma" doch kein Fremdwort. Sie wissen, dass beide Völker unter ihren traumatischen Erlebnissen gelitten haben und noch täglich leiden. Warum versuchen wir nicht auch das Leid der Palästinenser an die Öffentlichkeit zu tragen? Warum helfen wir nicht damit beiden Völkern, einen Schritt auf Versöhnung zuzugehen?

Und warum ist nicht gerade eine Bildungseinrichtung wie die VHS dazu geeignet, die Öffentlichkeit einzubeziehen, zu informieren? Ich hätte erwartet, dass die VHS noch weitere begleitende Angebote dazu bereit hält. Dann hätte auch die Sichtweise eines Vertreters der jüdischen Gemeinde zu Wort kommen können. Das wäre doch ein demokratisches Verfahren!

Ich würde Ihnen empfehlen, sich mit der Dokumentation der Ausstellung zu befassen, denn sehen können Sie diese ja jetzt leider nicht mehr. Auch ist das Lesen der Zeitschrift "Semit" - unabhängige jüdische Zeitschrift- empfehlenswert. Es ist gut, sich auf vielfältige Weise zu informieren, ich denke, genau das macht einen demokratischen Staat aus!!!

Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre Entscheidung noch einmal überdenken und wir in den nächsten Wochen einen neuen Start mit der Ausstellung erleben können!!

Mit freundlichen Grüßen
D. B.


„Mit Bestürzung und mit Fassungslosigkeit habe ich von der willkürlichen und frühzeitigen Absetzung der Wanderausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“ durch die Volkshochschule Düsseldorf erfahren. Die am letzten Donnerstag gefällte Entscheidung ist nicht nachvollziehbar und der von der Stadt Düsseldorf gefasste Beschluss entbehrt jeglicher Grundlage.

Die Wanderausstellung, die seit drei Jahren bundesweit gezeigt wird, thematisiert die Vertreibung des palästinensischen Volkes aus seiner Heimat. Die Erfahrungen der Menschen sind eingebettet in den historischen Kontext und werden durch von deutschen, israelischen und palästinensischen Autoren veröffentlichen Zahlen und Fakten belegt. Gerade hierdurch zeigt die Ausstellung in sachlicher und objektiver Weise die palästinensische Perspektive, ohne die Geschichte zu verfälschen und zu verzerren.

Die Entscheidung, die Ausstellung abzusetzen, ist zu verurteilen und an dieser Stelle muss mit aller Deutlichkeit gesagt werden, dass hier eine Politik der Ausgrenzung und der Ignoranz betrieben wird. Sich nicht mit dem Leid des palästinensischen Volkes zu beschäftigen und sich der palästinensischen Vergangenheit zu verschließen, zeugt nicht von der Bereitschaft, sich für ein friedliches Miteinander einsetzen zu wollen. Die Stadt Düsseldorf hätte den Weg der Verständigung gehen können, mit ihrem Entschluss allerdings ließ sie diese Möglichkeit ungenutzt.

Stellungnahme des Leiters der Generaldelegation Palästinas Salah Abdel Shafi


Sehr geehrter Herr Hintsche,

ich glaube die kap. Presse verblödet bereits genügend und müssen die Sozis da noch einen draufsetzen und wundern sich, dass sie von dem 25% Anteil nicht wegkommen?????

Mit freundlichen Grüßen
A. H.


Protest der Deutsch Arabischen Gesellschaft
gegen die Maulkorbpolitik der Stadtverwalung Düsseldorf

Die vertragswidrige Verweigerung städtischer Räume für die NAKBA-Ausstellung durch Magistrat der Stadt Düsseldorf ist ein eklatanter Verstoß gegen die verfassungsrechtlich garantierte Gedankenfreiheit.

Die Deutsch Arabische Gesellschaft (DAG) protestiert gegen den kurzfristigen Entzug städtischer Räume für die seit langem geplante und vertraglich zugesagte Ausstellung "Die Nakba - Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948" durch den Magistrat der Stadt Düsseldorf.

Der Konflikt zwischen Israel und den umliegenden arabischen Ländern ist die direkte Folge der von England betriebenen Kolonisierung Palästinas und der Vertreibung der Palästinenser vor und nach der Staatsgründung Israels, im Jahre 1948, die bis heute entgegen aller UN-Beschlüsse fortgeführt wird. Diese Untaten werden seitdem mit dem arabischen Begriff "al-Nakba" die Katastrophe, beschrieben.

Der Erinnerung an diesen, von europäischer und auch deutscher Öffentlichkeit bisher wenig beachteten Teil der Gründungsgeschichte Israels soll die Nakba - Ausstellung dienen.

Der Magistrat der liberalen Stadt Düsseldorf schädigt mit seiner Vertuschungspolitik deren Ansehen und leistet allen Kräften, denen es um eine gerechte Lösung des Dauerkonfliktes im Nahen Osten geht, einen Bärendienst. Eine gemeinsame friedliche Zukunft Israels und der arabischen Welt lässt sich nur nach Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte erreichen, nicht durch Verschweigen.

Bereits zum DAG-Sommerfest vom 29.-31.08.2008 in Tegernsee wurde diese Ausstellung durch den Präsidenten der DAG, Herrn Prof. Dr. Peter Scholl-Latour, eröffnet. Unter den Gästen waren neben Diplomaten und Regierungsmitgliedern aus der arabischen Welt u.a. die Bundestagsabgeordnete Ilse Aigner (die heutige Landwirtschaftsministerin) sowie die jetzige Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Frau Cornelia Pieper.

Harald Moritz Bock
Generalsekretär
Deutsch-Arabische Gesellschaft, Calvinstr. 23; 10557 Berlin
+49 30 80941992; mobil: +49 170 5513587
bock@d-a-g.de
www.d-a-g.de


Sehr geehrte Herren,

warum mussten Sie die Schließung der Ausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“ des Vereins "Flüchtlingskinder im Libanon e.V. beschließen?

Ihre Entscheidung ist besorgniserregend in der Tat. Solange wir Ihre Argumente nicht kennen, müssen wir darin einen schwerwiegenden Akt der Zensur und der Behinderung der Menschen bei ihrer Urteilsfindung sehen.

Was befürchten Sie denn eigentlich, falls Menschen diese Ausstellung sehen?

Halten Sie Ihre Mitbürger für so unreif und so wenig urteilsfähig, dass diese nicht in der Lage sein sollen, eventuelle Schwächen der Argumentation der Ausstellung zu sehen und sich darüber ihre eigene Meinung zu bilden?

Wo soll diese Art von Meinungszensur enden?

Wollen Sie auch Literatur, die sich kritisch mit der Frage der Vertreibung der Palästinenser aus ihrem Land beschäftigt, aus Ihren öffentlichen Bibliotheken verbannen?

Wollen Sie den Lehrern in Ihrer Stadt untersagen, im Schulunterricht neben all den ausführlichen Darstellungen des Holocaust auch einmal ein kritisches Wort über die Gewalt gegen die Palästinenser (in Geschichte und Gegenwart) zu sagen?

Uns scheint, Sie haben sich mit Ihrer Entscheidung auf einen ganz gefährlichen, unserer Vorstellung von Demokratie und Rechtstaatlichkeit, von Freiheit und Mündigkeit des Einzelnen widersprechenden Weg begeben.

Sowohl zu diesen grundsätzlichen Fragen als auch zu den konkreten Fragen zu dem Beschluss, die Ausstellung zu schließen, erwarten wir mit großer Spannung Ihre baldige Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,
I. K.


Sehr geehrter Herr Hintzsche,

mit Bestürzung erfahre ich vom von Ihnen veranlassten Abbruch der lange geplanten und in den ersten Tagen ohne jeden Zwischenfall in den Räumen der "Brücke" stattgefundenen Ausstellung DIE NAKBA - FLUCHT UND VERTREIBUNG DER PALÄSTINENSER 1948 des "Vereins Flüchtlingskinder in Libanon e.V." in den Räumen der "Brücke" in Düsseldorf.

Es ist für mich, dem langjährigen Sozialdemokraten, besonderes beschämend, zu erfahren, dass hier ein Parteigenosse seine Amtststellung zum Versuch misbraucht, die notwendige und für einen verlässlichen Frieden förderliche Geschichtsaufarbeitung des seit einem Jahrhundert schwelenden - und seit über 60 Jahren ungelösten - Nahostkonfliktes aus der Sicht der Opfer des Konfliktes, der Palästinenser, in öffentlichen Räumen der Landeshauptstadt Düsseldorf zu verhindern.

Gerade für die großartige Einrichtung "DIE BRÜCKE", mit dem Ziel der Förderung des interkulturellen Verständnisses, verdient die Landeshauptadt Düsseldorf größtes Lob. Die NAKBA-Ausstellung ist geradezu idealtypisch für die Zielsetzung dieses Hauses. Ich selbst hab zahlreiche Eröffnungen der o.g. Ausstellung miterlebt, und biete mich gern als Garant für die Seriösität und die wissenschaftliche Genauigkeit der Ausstellung an. Auch wird In keiner Weise das große, von Deutschen und Europäern zu verantwortende unendliche Leid an europäischen Juden infrage gestellt. Das ist auch nicht das Thema der Ausstellung.

Diee Behauptung eines Vertreters der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, die Ausstellung vernachlässige die Information über die nach der eigenständigen Unabhängigkeitserklärung durch Ben Gurion, einen Tag vor Abzug der britischen Mandatstruppen - und der selbst da bereits schon getätigten Vertreibung zahlreicher Palästinenser und der Vernichtung ihrer Ortschaften - begonnenen Kampfhandlungen von Truppen arabischer Nachbarstaaten ist hanebüchen. Genau dies erwähnt die Ausstellung

Mit seiner Behauptung zeigt der Vertreter der Jüdischen Gemeinde, auf dessen "Meldung" Sie Ihre bedauernswerte Entscheidung gründet, lediglich, dass er die Ausstellung mit Sicherheit nicht ernsthaft angesehen hat, gewiss nicht vollständig.

Das sei einem Lobbyisten anheimgestellt und - wenn auch kritisierbar - ist aber nicht das eigentliche Problem. Sehr schlimm ist es, dass Sie ohne sich selbst über die Stichhaltigkeit der kalamitösen Kritik, diese zu eigen gemacht haben und, schlimmer noch, dies zur Grundlage Ihrer bedenklichen - und gewiss rechtlich anfechtbaren Entscheidung - gemacht zu haben. Das ist besonders bedrohlich, soweit es Ihre Amtshandlung betrifft.

Anlässlich der Eröffnung der gleichen Ausstellung in der Universitätsstadt Tübingen im Jahr 1010 - ich war anwesend - hielt der große jüdische Philosoph Professor Tugendhat eine Eröffnungsrede, die genau das Gegenteil dessen ausdrückt, was ein subalterner Vertreter eine Kultusgemeinde in Düsseldorf behauptet. Wegen der seltenen Qualität der Rede erlaube ich mir sie Ihnen in ihrer Gänze als Dokument - angehängt an diese Mail - zuzusenden.

Ganz gewiss wäre es ein Skandal, wenn der von Ihnen zu verantwortende Abbruch einer der geschichtlichen Aufarbeitung eines bisher aus der Sicht der Opfer dienenden Ausstellung Schule machen würde.
Die Grundlagen unserer demokratischen Selbstverständnisses selbst würden damit in Frage gestellt und ich kann nur hoffen (ja, ich bin sicher), dass sich - falls notwendig - andere Gerichte dem Verwaltungsgericht Freiburg anschließen, welches explizit die von Ihnen nun verhinderte Ausstellung auf dem Boden unserer Verfassung verortete.

Sollte der Verein Flüchtlingskinder in Libanon e.V. gerichtliche Schritte gegen Ihre unerhörte Entscheidung einleiten, stehe ich ihm gern als Zeuge zur Verfügung.

Ich weiß nicht, wie Sie nun, nachdem Sie für das Zerschlagen von so wertvollem Porzellan wie der Meinungsfreiheit, den von Ihnen zu verantwortenden Schaden reparieren wollen. Es wird gewiss Ihrer großen moralischen wie auch juristischen Anstrengung bedürfen. Keinesfalls darf es dazu kommen, dass an wichtigen Amtspersonen der Landeshauptstadt Düsseldorf der Geruch von Gechichtsleugnund kleben bleibt.

Sie, als der zuständige Referent der Stadt Düsseldorf, sind nun in der Pflicht, weiteren Schaden von Demokratie und dem Ruf der Landeshauptstadt Düsseldorf abzuwenden und damit der "BRÜCKE" ihre wichtige ursprüngliche Bedeutung zurückzugeben.

Mit besten Grüßen
G. S.


Sehr geehrte Herren,

Soeben erreicht uns die Nachricht, dass die Stadt Düsseldorf durch Sie, Herrn Hintzsche, die weitere Durchführung der Ausstellung "Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948" des Vereins "Flüchtlingskinder im Libanon e.V. verhindert hat.

Von den Widerständen gegen diese Ausstellung erfuhren wir am Donnerstag, 24.3., als uns ein "Aufruf", der leider keine Autorenangabe enthielt, zugeschickt wurde, in dem zu einer Kundgebung gegen die Ausstellung am Samstag, 26.3., aufgerufen wurde.

Bevor wir von Ihrer Entscheidung, die Ausstellung zu schließen, erfuhren, hatten wir diesen "Aufruf" gelesen und kommentiert. Wir vermuten, dass Ihre Gründe für die Schließung der Ausstellung den im "Aufruf" genannten Argumenten sehr ähnlich sind. Deshalb senden wir Ihnen hier unsere Kommentare zu der Argumentation des "Aufrufes". Nachstehend (und als Anlage) findet sich der Text des "Aufrufs" und unsere, durch Kursivschrift gekennzeichneten, Kommentare.

Ihre Entscheidung beunruhigt uns. Solange wir Ihre Argumente nicht kennen, müssen wir darin einen schwerwiegenden Akt der Zensur und der Behinderung der Menschen bei ihrer Urteilsfindung sehen. Was befürchten Sie denn eigentlich, falls Menschen diese Ausstellung sehen? Halten Sie Ihre Mitbürger für so unreif und so wenig urteilsfähig, dass diese nicht in der Lage sein sollen, eventuelle Schwächen der Argumentation der Ausstellung zu sehen und sich darüber ihre eigene Meinung zu bilden. Wo soll diese Art von Meinungszensur enden? Wollen Sie auch Literatur, die sich kritisch mit der Frage der Vertreibung der Palästinenser aus ihrem Land beschäftigt, aus Ihren öffentlichen Bibliotheken verbannen? Wollen Sie den Lehrern in Ihrer Stadt untersagen, im Schulunterricht neben all den ausführlichen Darstellungen des Holocaust auch einmal ein kritisches Wort über die Gewalt gegen die Palästinenser (in Geschichte und Gegenwart) zu sagen? Uns scheint, Sie haben sich mit Ihrer Entscheidung auf einen ganz gefährlichen, unserer Vorstellung von Demokratie und Rechtstaatlichkeit, von Freiheit und Mündigkeit des Einzelnen widersprechenden Weg begeben.

Sowohl zu diesen grundsätzlichen Fragen als auch zu den konkreten Fragen zu dem Beschluss, die Ausstellung zu schließen, erwarten wir mit großer Spannung Ihre baldige Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,
R. F. D.


Werter Herr Oberbürgermeister,

ich frage mich, was die Düsseldorfer Stadtverwaltung zu der Entscheidung bewegt hat, die bereits in vielen Städten gezeigte hervorragende Ausstellung über die palästinensische Nakba nach 8 Tagen in städtischen Räumen zu untersagen. Diese Entscheidung ist nicht nur der Sache nach eine Schande für die Stadt Heinrich Heines, sie ist verfassungswidrige Zensur!

Begreifen Sie doch endlich, dass zur ganzen historischen Wahrheit nicht nur die Vernichtung der europäischen Juden durch das Nazisystem gehört, sondern auch die koloniale Eroberung Palästinas, die Vertreibung von über 700.000 Bewohnern, die Zerstörung von über 500 Dörfern und die systematische Auslöschung aller Spuren arabischen Kulturlebens im Namen "biblischer" Ansprüche durch die zionistische Siedlerbewegung. Begreifen Sie doch endlich, dass es feige und verwerflich ist, aus deutscher Sicht die Palästinenser für die Verbrechen unserer unsäglichen Geschichte büssen zu lassen!

Sie machen sich zu Komplizen eines Staatswesens und einer Staatsdoktrin, die alles daran setzen, dem palästinensischen Volk seine Lebensgrundlagen, Würde und Geschichte, seine Selbstbestimmung und staatliche Eigenständigkeit auf Dauer zu nehmen. Per Gesetz wird derzeit durch die israelische Knesseth auf Betreiben des rechten und rechtsradikalen Flügels das Gedenken an die Nakba verboten und unter Strafe gestellt. Und Sie spielen den verlängerten Arm! Welche eine reife Leistung, welch ein demokratischer Einsatz, meine Herren! Doch auch diese Politik wird letztendlich scheitern, genauso wie derzeit die arabischen Diktaturen - von Deutschland und dem Westen jahrzehntelang als "Stabilitätsfaktor" ausgehalten, derzeit der Reihe nach scheitern. Ich selbst habe gute Freunde in Israel und in Palästina. Jenseits des israelischen Mainstreams mit seiner völker- und menschenrechtswidrigen Politik gibt es ein anderes Israel, das auf gerechten Ausgleich und Versöhnung aus ist. Und genau das ist auch die einzig richtige Konsequenz, die Deutsche aus dem Holocaust ziehen müssen. Menschen- und Völkerrecht sind universale Werte. Sie gelten für alle oder gar nicht.

Ich fordere Sie auf, das faktische Ausstellungszensur umgehend rückgängig zu machen und sich für Ihr Fehlverhalten öffentlich zu entschuldigen!

Mit freundlichen Grüssen,
Hermann Dierkes Vorsitzender der Ratsfraktion DIE LINKE Duisburg

 (ts)

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