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"Lassen Sie dies nicht zu und laden Sie Herrn Grosser besser wieder aus" - S. Kramer, Generalsekretär des ZdJ, an die Frankfurter Oberbürgermeisterin [09.11.2010]

Alfred Grosser will anders sein, wie seine ehemaligen Verfolger Nachdem bekannt wurde, daß Alfred Grosser, dessen jüdische Familie 1933 aus Deutschland emigrierte, am 9. November anlässlich des 72. Jahrestag der Novemberprogrome in der Frankfurter Paulskirche sprechen wird, meinte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, zur Feder greifen zu müssen, um der Gastgeberin der Veranstaltung, der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, einen Brief zu schreiben.

Die Vorstellung, daß Alfred Grosser zu diesem Anlass sprechen könne, erfülle ihn mit Befremden und Entsetzen; die Oberbürgermeisterin täte besser daran, Alfred Grosser wieder auszuladen.

Da die Zensoren vom Zentralrat natürlich immer nur das Allerbeste im Schilde führen - so wie alle Zensoren, auch die in Freiburg - , immer darum bemüht die ahnungslosen Mitbürger vor Unrat und Unflätigem zu schützen, musste natürlich fleissig Dreck nach Grosser geworfen werden.

Der Vizepräsident des Zentralrats, Salomon Korn, warf ihm Hass gegen Israel vor, bezeichnete ihn als 'schäbig' und als nützlichen Idioten. Der Gesandte der israelischen Botschaft in Berlin, Emmanuel Nahshon, erklärte, Grossers Positionen seien 'von Selbsthass geprägt'. Zuletzt drohte Salomon Korn, daß er die Feier verlassen werde, wenn sich Grosser einen Ausfall leisten würde.

Ausfälliger Zentralrat

Um zu verstehen, was den Zentralrat derartigen Ausfällen gegen Grosser veranlasst hat, genügt es in das Jahr 2007 zurückgehen, in dem Grosser dem STERN ein Interview gab, in dem er gemünzt auf Israel erklärte:
"Wissen Sie, ich bin in Frankfurt als kleiner Junge verachtet worden, weil ich Jude war. Ich weiß also, wie sich das anfühlt. Und ich will deshalb nicht akzeptieren, daß Juden andere Menschen mit Verachtung behandeln."

Zu diesem Ergebnis - denkt man - müsste eigentlich jeder zivilisierte Mensch angesichts der Verbrechen des Dritten Reichs gekommen sein: daß Menschen nie wieder aufgrund von Haufarbe, Religion oder Geschlecht enthumanisiert, entrechtet, vertrieben, misshandelt und schliesslich getötet werden dürfen.

Der Zentralrat scheint aus dem Verbrechen jedoch eine ganz andere Schlussfolgerung gezogen zu haben:
Die Schlussfolgerung, daß für das Fortbestehen und die Expansion des auf den Gräbern und den Trümmern der Palästinenser errichteten jüdischen Staates jede Entschuldigung und jedes Mittel recht sein sollen.

 (ts)

Ergänzende Links:
Meine Lehre aus der Nazizeit (taz, 2008)
Sofort heißt es: Antisemitismus! (ksta, 2009)
Ich bin genetisch optimistisch (taz, 2009)

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