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2010071501
Bewegung auf den 'Nachdenkseiten' und bei der 'taz'? [15.07.2010]
Auf den NachDenkSeiten hat sich nun doch ein kleines Wunder ereignet.
Die Betreiber dieser Seiten - linke Sozialdemokraten, die gegen die neoliberale Wandlung der SPD Stellung beziehen - nehmen für sich in Anspruch, "eine gebündelte Informationsquelle für jene Bürgerinnen und Bürger [zu sein] …, die am Mainstream der öffentlichen Meinungsmacher zweifeln und gegen die gängigen Parolen Einspruch anmelden".
Was die Palästinafrage angeht war leider bisher festzustellen, daß
diese Seiten ihren Anspruch nicht im allergeringsten erfüllen.
Palästina ist auf dieser "kritischen Webseite" nahezu eine
terra incognita. Durchsucht man z.B. die Seiten mithilfe von 'google'
nach dem israelischen Überfall auf die Gaza-Hilfsflotte, so erhielt
man bisher nicht einen einzigen Treffer.
Eine Redaktionspolitik, die man auch als Desinformation durch
Nicht-Information bezeichnen könnte, abgesehen von Ausnahmen wie
dieser.
Heute hingegen, hat sich auf den 'NachDenkSeiten' ein kleines Wunder ereignet, in Form dieses wirklich bemerkenswerten Interviews. Man kann nur hoffen, daß die "kritische Webseite" diesen Kurs fortsetzt.
Warten auf ein Wunder bei der TAZ
Auf ein Wunder hofft man auch bei der taz, die sich von einem ehemals 'links-alternativen' zu einem muffig bürgerlichen Blatt entwickelt hat, das sich nach allem Anschein an eine arrivierte, staatstragende, mittlerweile leicht verkalkte Leserschaft richtet, die in grauer Vorzeit in Brokdorf demonstriert hat.
Mit der neuen Chefredakteurin Ines Pohl scheint nun immerhin ein ein klein bisschen Bewegung in das Blatt gekommen zu sein. Nicht nur, daß der Anti-Islamismus in der taz etwas nachgelassen hat, auch in Sachen Palästina hat die Chefredakteurin einen Sturm im Redaktionswasserglas erzeugt, indem sie sich öffentlich weigerte den Kotau vor dem ZDJ und allierten Medien zu vollziehen, nachdem Iris Hefets in der taz den Missbrauch des Holocausts durch Israel und den ZdJ thematisiert hatte.
Die Nachwehen dieses 'Skandals' bestehen in einer Reihe - die bezeichnenderweise 'Unser Israel' heisst - und in der sich verschiedene Autoren zum Thema Israel geäussert haben. Neben dem ebenso unvermeidlichen wie nebulösen Micha Brumlik, der eifernde Betonkopf Stefan Kramer, die bemerkenswert deutliche Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik, der klare Tsafrir Cohen von 'medico international' und zuletzt Georg Baltissen, der einzige Mann an Bord der taz, der in Sachen Palästina aus eigener Anschauung weiß wovon er redet.
In dem Kommentar mit dem Titel Gottes verheißenes Land findet Baltissen deutliche und richtige Worte. Er geht sogar soweit, seinen Kollegen und CvD Klaus Hillenbrand zu kritisieren, der sich zu der irrwitzigen Behauptung verstiegen hatte, daß die zionistische Kolonialisierung ein Akt der (leider gescheiterten) Nächstenliebe gewesen sei - so (!) wie die Kolonialisierung Australiens oder Neuseelands. Schon ein Blick in wikipedia hätte Hillenbrand jedoch zu der Erkenntnis führen müssen, daß die Briten die jeweilige indigene Bevölkerung schon bis zum Ende (!) des 19. Jahhunderts halbiert und ihr alles Land entrissen hatten.
So treffend der Kommentar von Baltissen auch ist, so ändert er doch nichts an dem Grundübel der taz. Der Tatsache, daß die Berichterstattung der Nahost-Korrespondentin der taz aus israelischer Staatspropaganda und Desinformation besteht.
Das Wunder, das man der taz von Herzen wünscht, ist der sofortige Austausch dieser Israel-PR-Agentin durch einen ernst zu nehmenden Journalisten.
(ts)
Quellen:
Der Hilfskonvoi hat die Blockade und die humanitäre
Situation in Gaza wieder auf die politische Agenda der Regierungen gebracht - Interview mit Annette
Groth auf 'NachDenkSeiten'
Gottes verheißenes Land - Georg Baltissen, taz