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"Warum die Islamisten nicht gewinnen werden (Auch wenn sie es tun)"; As'ad AbuKhalil [05.12.2011]

Warum die Islamisten nicht gewinnen werden (Auch wenn sie es tun) Das ist jetzt die dominierende Geschichte - Islamisten gewinnen in der ganzen arabischen Welt. Dabei wird nicht erwähnt, dass es viele Faktoren gibt, die zu ihren Gunsten arbeiten. Sie haben sich seit Jahrzehnten organisiert, während einige Linke und Liberale gerade erst gestartet sind. Es wird dabei nicht erwähnt, dass die Islamisten von golfarabischem Geld profitiert haben und ihre externe Finanzierung sehr effektiv genutzt haben. Es wird dabei auch nicht erwähnt, dass sie unter dem Tisch Abmachungen mit us-amerikanischen und europäischen Regierungen getroffen haben und ihnen nicht nur zugesichert haben eine prokapitalistische (neoliberale) Politik zu verfolgen, sondern sich auch Israel nicht zu widersetzen.

Die ägyptische Muslimbruderschaft vergaß, dass sie in der Vergangenheit den ägyptisch-israelischen Friedensvertrag ablehnte, während die syrischen Muslimbrüder einen ihrer ehemaligen Führer im israelischen Fernsehen auftreten liessen, um die Israelis zu beruhigen. Ennahdas Ghannushi wollte alle wichtigen finanziellen Vereinbarungen Ben Alis beibehalten und entsande den Generalsekretär seiner Partei, um die Zionisten in Washingtons Think Tanks zu beruhigen. Marokkos Ben Kiran (Leiter der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) ist eine andere Geschichte, weil er als ein treuer königlichen Islamist die pro-israelische und neoliberale Politik seines Herren niemals in Frage stellen würde. Aber die Geschichte von den islamistischen Siegen erscheint übertrieben.

Islamisten gewannen nicht mehr wie die Hälfte der Stimmen. Von daher sollte es unmöglich sein, die arabische öffentliche Meinung auf religiöse Ideologien zu reduzieren. In Tunesien haben die Islamisten rund 41 Prozent der Stimmen gewonnen, während ihr Anteil in Marokko rund ein Viertel beträgt. Es gibt also auch andere Tendenzen und die Araber zeigen eine Vielfalt von Meinungen und Vorlieben. Sobald neue Parteien entstehen und sich in dem neuen politischen Klima bekannt machen, wird sich die politische Landkarte allmählich verändern (vielleicht auch sehr schnell).

Aber die Islamisten stecken in einer Zwickmühle. Ihr Niedergang ist unvermeidlich. Sie können ihre Versprechungen nicht erfüllen und gewinnen. Sie haben Abkommen mit den Golfstaaten und den westlichen Mächte geschlossen, die in Widerspruch zu ihrer eigenen Ideologie und früheren Versprechungen stehen. Die Islamisten wissen, dass sie ihre reliöse Agenda an der 'Tugendfront' nicht so extrem vorantreiben könnnen, wie die nicht gewählte NATO Regierung in Libyen (Abdul-NATO konnte es kaum erwarten den Wunsch zur Rückkehr zur Polygamie zu verkünden). Sie wissen, dass eine Tugend-Agenda viele Wähler verprellen würde (so wie es bereits in Tunesien in der Frage des Niqab auf dem Campus geschah) und daher verschleiern sie ihre wahren Absichten, zumindest für eine Weile.

Wenn sie ihre Agenda weiter aufschieben, werden ihre Parteigänger sie beschuldigen ihre Prinzipien zu verlassen, und wenn sie ihre Agenda vorantreiben, werden sie ihre Wähler verprellen sowie auch ihre neuen Freunde und Sponsoren in den westlichen Hauptstädten. In einigen Fällen wie in Ägypten, haben die Islamisten geheimen Absprachen mit dem Militär getroffen, das während der Zeit des Übergangs (oder auch noch während der Zeit der Demokratie) vielfach als der Vollstrecker der westlichen Agenda handelt.

Die Islamisten sitzen fest. Wahrscheinlich werden ihnen die eigenen Anhängern die Abweichung von ihren Prinzipien vorwerfen. Dieser Vorwurf wird an ihnen kleben bleiben und stechen: Nichts hat den Geschicke der arabischen nationalistischen Parteien mehr geschadet als die Wahrnehmung, dass diese Parteien, so wie die Ba `th, an der Macht gegen all ihre eigenen Prinzipien verstossen. Statt der Einheit, erzeugten sie Fragmentierung; anstelle der Freiheit, produzierten sie neue Foltermethoden; anstatt Palästina zu befreien fanden unter ihrem Vorsitz Kriege statt, die Israel mehr arabisches Land verschaffte. Die Menschen werden erwarten, dass die neuen Sieger ihre Versprechungen einlösen. Versprechen, die wahrscheinclich nicht erfüllt werden können. Daher werden sie beiseite gefegt werden, entweder durch extremere (und prinzipientreuere) Islamisten oder durch säkulare Alternativen.

 (ts)

Ergänzende Links:
Why Islamists Won’t Win (Even If They Do) (As'ad AbuKhalil)

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