Institut für Palästinakunde
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Aufforderung an die Hamburger Bürgerschaft 'BDS' nicht zu kriminalisieren [16.02.2017]

Boycott & Divestment & Sanctions Sehr geehrter Herr N.N.,
sehr geehrte Frau N.N.,

hiermit möchten wir Sie darum bitten, den Antrag der CDU-Fraktion (Drucksache 21/7798) abzulehnen, die unter dem Kürzel 'BDS' bekannt gewordene Kampagne für die Menschen- und Bürgerrechte der Palästinenser als antisemitisch zu verurteilen, da die in dem Antrag angeführten Gründe einer ernsthaften Prüfung nicht standzuhalten vermögen.

Wir sind überdies der Überzeugung, dass es der Hamburger Bürgerschaft besser zu Gesicht stünde, die Menschen- und Bürgerrechte der Palästinenser nicht zu einem Spielball parteipolitischer Interessen zu machen - und sich nicht ohne eingehende Beratung vor den Karren einer der beiden Parteien des Nahost-Konflikts spannen zu lassen.


Begründung der Ablehnung des Antrags

Die Begründung des Antragsstellers basiert nicht auf Tatsachen, sondern auf einer selektiven Wahrnehmung der Realität und auf Täuschungen. So beruht seine zentrale Behauptung, dass die BDS-Kampagne anti­semitisch sei, ganz allein auf der Verwechslung von "israelischem Staat" und "Juden".

Die BDS-Bewegung wendet sich jedoch nicht gegen Juden, sondern gegen den israelischen Staat, der Millionen von Palästinensern unter seiner Kontrolle unterdrückt - sie ihrer Freiheit, ihres Besitzes und ihres Lebens beraubt - weil sie Nichtjuden sind. Ein Vorgehen, das einem totalen Boykott gleich kommt, der viel mehr an den NS-Boykott der dreissiger Jahre erinnert als an den politischen Boykott der BDS-Kampagne.

Die Unterdrückung der Palästinenser ist keine Erfindung der BDS-Kampagne, sondern eine Tatsache, die von internationalen (amnesty international, human rights watch) und israelischen (B'tselem, Acri, Adalah) Menschenrechts-Organisationen sowie von internationalen Körperschaften (Weltbank, UN, EU) allerbestens doku­mentiert wurde. Die Behauptung der Antragssteller, die BDS-Kampagne sei irrational "aggressiv judenfeindlich" entbehrt daher jedweder Grundlage.

Die Antragssteller können kein von der BDS-Kampagne zu verantwortendes antisemitisches Dokument vorweisen, in dem Juden angeklagt oder zu Maßnahmen gegen sie aufgerufen wird - weil sie Juden sind. Denn Judenfeindlichkeit ist der BDS-Kampagne fremd, schon weil sich auch Juden an ihr beteiligen.

Die BDS-Boykott-Forderung zielt auch nicht bedingungslos auf den Ruin von Juden ab - so wie der verbrecherische NS-Boykott - sondern darauf, den israelischen Staat zur Anerkennung der Menschen- und Bürgerrechte der Palästinenser zu zwingen. An dem Tag, an dem der israelische Staat dieser selbstverständlichen Forderung nachkommt, endet auch der Boykott der BDS-Kampagne.

Zuletzt wendet sich die BDS-Kampagne auch gegen das Placebo des Friedensprozesses, der - wie die Antragsteller behaupten - "eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern" bringen werde. Der sogenannten Friedensprozess ist weit über zwanzig Jahre alt - und wurde von Israel nur benutzt, um die Anzahl der Siedler zu verdreifachen, Gaza in ein belagertes Gefängnis zu ver­wan­deln sowie die Westbank in drei Zonen aufzuteilen und die Palästinenser mit Gewalt aus der größten der drei Zonen zu vertreiben - offensichtlich mit dem Ziel diese zu annektieren.

Nachdem die internationale Politik völlig versagt hat, fordert die BDS-Kampagne die Zivilgesellschaft zum Handeln mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln auf.
Das ist nicht antisemitisch, sondern moralisch und politisch geboten.

Aus diesen Gründen sollten Sie die Verurteilung von BDS als antisemitische Kampagne ablehnen, die auch ein Angriff auf die Menschen- und Bürgerrechte der Palästinenser ist.

 (ts)

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