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Kooperationen mit dem 'Jüdischer Nationalfonds' kompromittieren NRW-Landtag [06.09.2016]
Sehr geehrte Frau Landtagsabgeordnete / geehrter Herr Landtagsabgeordneter,
durch einen Zufall erfuhren wir Anfang August, dass der 'Jüdischer Nationalfonds' (JNF) drei Abgeordnete - Herrn Armin Laschet, Frau Sylvia Löhrmann und Frau Carina Gödecke - für den 11. September zu einem „Koexistenz“-Kongress nach Köln eingeladen hat. Das hat uns dazu veranlasst einen Brief an die Eingeladenen zu senden, um sie zu warnen, dass sich hinter der Umweltschützer-Fassade des JNF Israels älteste Siedler-Kolonial-Organisation verbirgt: „Koexistenz“ war noch nie das Ziel des JNF.
Da es nach unseren Recherchen bereits 2013 zu einer Kooperation zwischen dem Landtag und dem JNF gekommen ist, erscheint es aus unserer Sicht sinnvoll zu sein, Sie als Mitglied des NRW-Landtags ebenso über die Aktivitäten des JNF in Israel und Palästina aufzuklären: Eine Organisation, die auf eine mehr als einhundert-jährige Geschichte ethnischer Diskriminierung und der Verstrickung in Verbrechen an Palästinensern zurückblicken kann: Ein Unrecht, an dem der JNF bis heute festhält und von dem er bis heute profitiert.
Anders als es seine Broschüren und Repräsentanten glauben machen, ist der 1901 gegründete JNF keine unpolitische, gemeinnützige Umweltschutz-Organisation. Tatsächlich handelt es sich um eine halbstaatliche Treuhand-Organisation, die circa ein Achtel des israelischen Landes kontrolliert. Ihre primäre Aufgabe besteht seit jeher darin, Palästinenser, die circa ein Fünftel der israelischen Staatsangehörigen stellen, von der Nutzung dieses Bodens auszuschließen. Die Statuten des JNF untersagen nicht nur die Verpachtung von Land an Palästinenser: Jüdische Pächter müssen auch zusichern, dass Palästinenser nicht anderweitig von dem Land profitieren, etwa als Landarbeiter. Dieser 'Palästinenser-Boykott' stellt keine Verirrung dar. Er ist vielmehr Teil einer nahezu einhundert Jahre alten Politik, die Palästinenser in deren Heimat zu marginalisieren und zu ruinieren, um sie in die Emigration zu zwingen. Sechzig Prozent des in den Händen des JNF befindlichen Landes sind Raubgut. Es handelt sich um privates Land, das der israelische Staat den 750.000 Palästinensern mithilfe von Sondergesetzen stahl, die er im sogenannten Unabhängigkeitskrieg im Jahr 1948 vertrieben hatte.
Nach dem Junikrieg im Jahr 1967, in dem Israel die Westbank, Ost-Jerusalem und Gaza eroberte und dabei weitere 300.000 Palästinenser vertrieb, beteiligte sich der JNF dort an Infrastruktur-Projekten für jüdische Siedlungen. Auch diese völkerrechtlich unbestritten illegalen Aktivitäten setzt der JNF nachweislich bis heute fort, z.B. im Jordantal.
Auch die immer wieder gern zur Schau gestellten Wiederaufforstungsprojekte des JNF dienen vielfach der Vertreibung von Palästinensern oder zur Vertuschung ihrer Vertreibung. Die prominentesten Fälle sind der 'Canada-Park' des JNF, der die Ruinen dreier Dörfer bedeckt, deren 5000 Bewohner nach dem Junikrieg vertrieben wurden - sowie die andauernde Vertreibung von Beduinen (israelischen Staatsangehörigen) im Negev (z.B. Al-Araqib) durch Aufforstungsprojekte unter der Führung des JNF.
Eine detaillierte, mit vielen Links versehene Beschreibung des JNF finden Sie hier 'http://kurzlink.de/jnfdossier' wieder. Das englischsprachige wikipedia bietet ebenso eine recht akkurate Darstellung des JNF, inklusive seiner ethnischen Diskriminierungspraktiken.
Wir möchten Sie hier darauf hinweisen, dass andere namhafte Organisationen bereits von einer Kooperation mit dem JNF Abstand genommen haben, nachdem sie über dessen Tätigkeiten aufgeklärt wurdenvii. Dazu zählen neben dem UN-'Economic and Social Council' auch die deutsche 'Robert Bosch Stiftung'.
Da wir uns nicht vorstellen können, dass Sie wissentlich eine Organisation unterstützen würden, die in eine Vielzahl ethnisch diskriminierender und illegaler, wenn nicht gar krimineller Aktivitäten verstrickt ist, würden wir uns freuen, wenn zukünftige Kooperationsangebote des JNF an den Landtag nicht auf Ihre Zustimmung stiessen.
Mit freundlichen Grüßen
IPK-Vorstand
Unterzeichner
Organisationen: Arbeiterfotografie (Bundesverband) [Köln]; BDS Berlin [Berlin]; BDS Schweiz [Basel]; BDS-Gruppe Bonn [Bonn]; Cafe Palestine Freiburg e. V. [Freiburg]; Das Palästina Portal [Dortmund]; Das Palästinakomitee Stuttgart e. V. [Stuttgart]; Deutsch-Palästinensische Gesellschaft (Hamburg) [Hamburg]; Förderkreis Kölner Klagemauer für Frieden [Köln]; G.H.U.P. e.V. (Gesellschaft zur Unterstützung der Palästinenser e. V.) [Bonn]; Gruppe Frauen wagen Frieden in der Pfalz [Rumbach]; Gruppe für Menschenrechte und Frieden [Bielefeld]; Israelisches Komitee Gegen Hauszerstörungen (Deutschland) [Bremen]; Jüdische Stimme für gerechten Frieden im Nahost e.V. [Deutschland]; Palästina/Nahost-Initiative Heidelberg [Heidelberg]; Palästinensische Gemeine Bonn – Deutschland [Bonn]; Städtefreundschaft Mülheim an der Ruhr – Qalqilia [Mülheim an der Ruhr]; Ökumenisches Zentrum für Umwelt-, Friedens- und Eine-Welt-Arbeit [Berlin]
Personen: Adlheid Patzlaff [Nister-Möhrendorf]; Angelika Schneider [Bergisch Gladbach]; Bianka Buddeberg [Köln]; Claudia Karas [Frankfurt am Main]; Clemens Messerschmid (Hydrogeologe) [Ramallah]; Dagmar Piotrowski [Dortmund]; Dr. Gabi Weber [Freiburg]; Dr. Martin M. Patzlaff [Nister-Möhrendorf]; Dr. Viktoria Waltz (Urban planning) [Dortmund]; Eliette Wolff [Luxemburg]; Ellen Rohlfs [Leer]; Ernst-Ludwig Vatter (Freunde von Sabeel, Deutschland) [Stuttgart]; Eva Neukamp [Bonn]; Gabi Bieberstein [Bielefeld]; George Rashmawi [ Bonn]; Gerhard Dilschneider [Ulm]; Gerlinde Scherer [Ohlsbach]; Gertrud Nehls (AK-Nahost, Hagen) [Hagen]; Heiko Holtgrave [Dortmund]; Hermann Dierkes [Duisburg]; Izzeddin Musa [Bonn]; Lüko Willms [Frankfurt am Main]; Michel G. Dietrich [Zürich]; Otla Pinnow [Köln]; Peter Kranz (Pfarrer) [Berlin]; Ursula Siemon [Odendorf]
(ts)
Ergänzende Links:
Aufruf zur Kundgebung vor der Kölner Flora