Institut für Palästinakunde
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Café Palestine: Nachlese zu 'Kunst & Dialog' [08.04.2013]

Sliman Mansour Der Nachmittag mit Dr. Ulrika Eller-Rüter von der Alanus-Hochschule und mit einem der bedeutendsten lebenden palästinensischen Künstler, dem Maler Sliman Mansur von der Al-Quds University in Abu-Dis bei Ost-Jerusalem versprach sehr spannend zu werden, da hier doch zwei gänzlich verschiedene Kunstauffassungen aufeinandertreffen sollten.

Auf der einen Seite eine Sicht, die das Produkt relativ unbeschränkter akademischer und künstlerischer Freiheit in einem Land im Zentrums Europas ist, auf der anderen Seite eine Sicht aus einem Land, dessen künstlerische Wurzeln ganz anderen Ursprungs sind und dessen Bewohner seit bald einem halben Jahrhundert unter dem Joch einer ruinösen Besatzungsdiktatur leiden.

Die Eröffnung machte Dr. Ulrika Eller-Rüter, die von der ersten Phase des gemeinsamen Projekts in Abu-Dis berichtete. Die Schwierigkeiten, die sich bei dem Versuch der deutschen Kunststudenten zeigten, sich mit den palästinensischen Studenten über ein gemeinsames Kunstprojekt an der Mauer zu einigen, machten bereits frühzeitig deutliche, dass die Kunst in Palästina genauso von der Besatzung und der Politik dominiert wird, wie alle anderen Lebensbereiche der Palästinenser.

Dies verdeutlichte der Vortrag Sliman Mansours, der die Entwicklung der Kunst in Palästina anhand von Bildern erklärte, von denen nicht wenige von ihm selber stammten.

Die Anfänge der 'modernen' Kunst nach europäischem Vorbild in Palästina datierte Mansour auf die 20'er Jahre des 19. Jahrhunderts.
Bis zur nakba, im Jahr 1948, folgte die palästinensiche Kunst weitestgehend den europäischen Vorbildern.

Die nakba, die erste grosse ethnische Säuberung Palästinas, die 700.000 bis 900.000 Palästinenser zu Flüchtlingen machte, führte zum Bruch dieser Linie. Sie führte dazu, dass die Motive der Malerei von Bildern von vertriebenen und nidergedrückten Palästinensern und deren Schicksal bestimmt wurde. Andere Gemälde versuchten die Erinnerung an die 'goldene Zeit' vor der nakba am Leben zu erhalten.

Eine tiefgehende Änderung der Motive setzte mit der Gründung der PLO Mitte der 60'er Jahren ein. Fortan wurden die Bilder von der Darstellung energetischer widerständiger Palästinenser geprägt.

Anfang der 70'er Jahre betrat Sliman Mansour selber die Bühne der palästinensischen Malerei. Zusammen mit acht weiteren Künstlerkollegen gründete er eine Künstler-Gewerkschaft, die jedoch bald verboten wurde.

Die Bildmotive dieser Künstler waren von dem Ziel bestimmt, die Palästinenser ihrer Identität zu versichern. Da es kaum möglich war Ausstellungen zu arrangieren oder Bilder zu verkaufen, entwarfen die Künstler vornehmlich Poster, um ihre Botschaften zu verbreiten.

Die Popularität der Poster rief bald die Besatzer auf den Plan. Diese begannen die Ausstellungen der Künstler zu 'besuchen' und die Bilder zu konfiszieren - je nach dem Geschmack der Soldaten. Schliesslich 'besuchten' sie die Künstler in den eigenen Ateliers und konfiszierten die Bilder, noch bevor diese das Atelier verlassen konnten.
Dies führte dazu, dass sich einige Künstler dem Druck beugten und dazu übergingen die politischen Botschaften in ihren Bildern zu verstecken.

Die Besatzer gingen sogar soweit, den Künstlern die Verwendung der Farben der palästinensischen Flagge - rot, schwarz, weiss, grün - zu untersagen.

Mehrere Künstler landeten in israelischen Gefängnissen, unter ihnen auch Sliman Mansour.

Die nächste große Zäsur war die erste Intifada, der palästinensische Volksaufstand gegen die Besatzung, der 1987 einsetzte, nachdem der Widerstand der Palästinenser zuvor scheinbar eingeschlafen war.

Die erste Intifada führte nicht zur zu einer Änderung der Motive - die nun von steinewerfenden Palästinensern dominiert wurden.
Darüber hinaus veranlasste der Boykott israelischer Waren und ihr Ersatz durch eigene Produkte - etwa bei Zigaretten - die Künstler dazu, nun auch Kunstwerke auf Basis von Materialien aus ihrer unmittelbaren Umgebung zu schaffen, auf Holz, Leder und Lehm zu setzten sowie auf traditionelle Farben wie Henna.

Einen Eindruck von dieser Entwicklung gibt das Palestine Poster Project.

 (ts)

Ergänzende Links:
Palestine Poster Project: Sliman Mansour
'Kunst & Dialog' im Bonner Frauenmuseum

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