Institut für Palästinakunde
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Bonn 18. Sept: 'YES'-Theater aus Hebron zu Gast in Bonn - "Leben im Flüchtlingslager" [18.09.2010]

Mohammad in Hebron Vom 18. bis zum 19. September wird das IPK das vierköpfige Ensemble des YES-Jugendtheaters aus Hebron in Bonn zu Gast haben, das von der Kinder-Kultur-Karawane auf Initiative des IPK hin nach Deutschland eingeladen wurde.

Kommenden Samstagabend werden Mohammad, Muath, Wa'ad und Mohammad von ihrem "Leben im Flüchtlingslager" erzählen, wozu wir Sie hiermit herzlich einladen möchten.

Neu: Am Abend wird Sie Jalil der Friedenskoch mit echt arabischem Kaffee bewirten.

Ort:   Dietrich Bonhoeffer Haus (ESG)
Königstraße 88, 53115 Bonn
Datum:   18. September (Samstag)
Uhrzeit:   18:00 Uhr
Eintritt:   7,-/5,- € (ermäßigt)


"Ein Mensch ohne Hoffnung ist ein gefährlicher Mensch"

"Ein Mensch ohne Hoffnung ist ein gefährlicher Mensch". Mit diesem Statement versucht der Pressesprecher des YES-Theaters, Raed Shukri, die soziale und politische Bedeutung des YES-Theaters in Hebron zu verdeutlichen.

Hebron wurde 1997 in zwei Zonen geteilt: Ungefähr 130.000 Palästinenserlnnen leben im Bezirk H1 unter palästinensischer Verwaltung. In H2, das auch die Altstadt umfasst, leben 40.000 Menschen unter israelischer Militärverwaltung. 1.200 Soldaten der israelischen Besatzungstruppen sind in Hebron stationiert, um 500 ultranationalistische israelische "Siedler" zu schützen, die sich seit der Eroberung der Westbank in der Stadt befinden.
Die Altstadt ist nur über Kontrollstellen des israelischen Militärs zu erreichen. Demütigende Kontrollen halten die meisten von der historischen Altstadt Hebrons fern, dem einstigen - nunmehr verwaisten - wirtschaftlichen Zentrum der Umgebung.

Die Jugendlichen Hebrons sind besonders oft gewalttätigen Übergriffen durch Soldaten oder Siedler ausgesetzt. Täglich finden Razzien und Festnahmen durch das israelische Militär statt. Einige hundert Jugendliche sind in israelischen Gefängnissen inhaftiert. Unter dem enormen Druck spaltet sich die palästinensische Gesellschaft in verschiedene politische Lager auf. Die Folge sind wachsendes Misstrauen untereinander, Zunahme häuslicher Gewalt und eine Eskalation der Konflikte.

Die vier Darsteller Mohammad Abusal, Wa'ad, Muath und Mohammad Teeti sind zwischen 13 und 16 Jahren alt. Sie leben im völlig überbevölkerten Flüchtlingslager 'al Fawwar' bei Hebron, einer "Übergangsheimat" für mehr als 8.000 Menschen auf einer Fläche von nur 0,27 Quadratkilometern

Theater zu spielen ist für sie eine der wenigen Möglichkeiten, die eigene Fantasie zu erforschen und ihren Anschauungen in einer freien und ermutigenden Umgebung Ausdruck zu geben. Sie sind schon seit einiger Zeit beim 'Kids for Kids'-Programm des Yes-Theatre dabei und nutzen mit großer Begeisterung die einmalige Gelegenheit, die Grenzen der Westbank zu verlassen und in Europa auf Gleichaltrige zu treffen, mit denen sie die Erfahrungen ihrer extrem unterschiedlicher Lebensbedingungen austauschen können.

Das Programm ihrer ersten Auslandstournee trägt den Titel „Leben im Flüchtlingslager".
Es lebt vom biografischen Material der vier jungen Darsteller und ihrer immensen Phantasie, ins Leben gerufen durch die große Begeisterung für ausdrucksstarkes Spiel.
Für dieses Programm nehmen sie jede neue Situation auf, um sie in ihr sich immer weiter entwickelndes Spiel zu integrieren. Allerdings werden sie vom echten Leben unter militärischer Besatzung immer wieder in die Realität zurückgeholt.
Dennoch stürzen sie sich immer wieder voller Energie in imaginäre Räume mit einer fesselnden Mischung aus Palästinensischer Folklore, Tanz, Liedern und zeitgenössischer Jugendkultur.

Die Gründung des YES-Theater führt zurück in das Jahr 1997.

In diesem Jahr erkannten die drei jungen palästinensischen Schauspieler Muhammed Titi, Raed Shyoukhi und Ihab Zahdeh, die Möglichkeit Theaterspiel als Ausdrucksform für bestehende gesellschaftliche Widersprüche und Spannungen zu nutzen. Im darstellenden Spiel sahen sie die perfekte Möglichkeit für Kinder und Jugendliche, andere Blickwinkel auf sich selbst und ihr Umfeld kennenzulernen und Möglichkeiten der gewaltfreien Konfliktbearbeitung zu erlernen.
2007 wurde das Yes-Theatre als offiziell registrierte, nichtkommerzielle, nicht-staatliche Organisation gegründet - mit einem ehrgeizigen Ziel: Mit Theater in die Auseinandersetzung innerhalb der palästinensischen Gesellschaft einzugreifen, damals eine unerhörte Idee.

Heute zeigt sich der Erfolg dieser Vision. Inzwischen werden für Tausende Schülerinnen und Schüler in Hebron Theatervorstellungen organisiert. In Diskussionen werden alternative Handlungen und künstlerische Aspekte erörtert, Workshops und Rollenspiele bringen den Jugendlichen Mediation näher. Das Ziel: Sie sollen selbst zu Multiplikatoren für konstruktive Konfliktbearbeitung werden und der alltäglichen Gewalt Hoffnung und Solidarität entgegensetzen. Darüberhinaus führt das Yes-Theatre auch an Schulen und im eigenen Zentrum Theater-Workshops/Schulung durch für Kinder und Jugendliche ab ca. 12 Jahren. Diese inszenieren dann wiederum Stücke für Kinder und Jugendliche, die in dem Projekt „kids for kids" vorgestellt werden.

 (ts)

Ergänzende Links:
Einladungs-Flyer
Informationen zur Lage der Flüchtlinge in Hebron (Quelle: YES-Theater, IPK)
B'tselem zur ethnischen Säuberung Hebrons/H2

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