Hussein Ibn Talal wurde 1935 in Amman als Spross der Haschemitischen Dynastie, in 42. Generation direkter männlicher Abstammung vom Propheten, geboren. Er besuchte Unterricht im klassischen Arabischen und die britische Militärakademie Sandhurst. Mit 15 Jahren kam er das erste Mal in Kontakt mit der Realität nahöstlicher Politik, als 1951 sein von ihm verehrter Großvater König Abdallah I. in seinem Beisein beim Besuch der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem von einem Palästinenser erschossen wurde. Zwei Jahre später, nachdem sein Vater Talal Ibn Abdallah aufgrund eines Nervenleidens abgesetzt worden war und ein Kronrat die Führung des Königreichs bis zu seiner Volljährigkeit übernommen hatte, wurde Hussein am 2. Mai 1953 zum jordanischen Souverän gekrönt.
In den 46 Jahren seiner Herrschaft wurde König Hussein zu einem der angesehensten Politiker der arabischen Welt. Seine Legitimität bezog er aus der Abstammung vom Propheten, aus der Rolle der Haschemiten als Anführer des arabischen Aufstands während des Ersten Weltkriegs, als Vaterfigur der „geeinten“ jordanischen Familie und als höchste Instanz im patrimonialen Allokationsapparat.
Die 1950er Jahre waren die Hochphase des arabischen Nationalismus und der antikolonialen Kräfte – eine Zeit, die es König Hussein erschwerte, seine besondere Beziehung zu Großbritannien aber auch die Einverleibung des Westjordanlands und Ostjerusalems durch seinen Großvater zu rechtfertigen.
Nach dem Putschversuch 1957 von Ali Abu Nuwar löste der König das Parlament auf, verbot politische Parteien und rief den Ausnahmezustand aus. Von diesem Zeitpunkt regierte König Hussein bis zum Beginn des Liberalisierungsprozesses 1989 als unumstrittener Alleinherrscher in seinem System, das als Diktatur bezeichnet werden kann.
Seine schwerwiegendste Fehlentscheidung traf König Hussien 1967, als er sich unter regionalem Druck, besonders von Gamal Abdel Nasser, unvorbereitet zum krieg gegen Israel überreden ließ und dadurch nicht nur die Herrschaft über das Westjordanland und Ostjerusalem verlor, sondern das zweite Mal einen immensen Flüchtlingsstrom absorbieren musste.
In den folgenden Jahren kam es wegen der Repräsentation der Palästinenser zu einer Rivalität zwischen König Hussein und der PLO. Die Etappen dieser Beziehung führten vom bewaffneten Konflikt 1970 (Schwarzer September) über die Anerkennung der PLO als einzige Repräsentantin der Palästinenser auf dem arabischen Gipfeltreffen in Rabat 1974, die Wiederaufnahme der Idee einer möglichen jordanisch-palästinensischen Föderation nach dem Abzug der PLO aus Beirut 1982, den Ausbruch der Intifada 1987 bis zu König Hussiens Aufgabe des Souveränitätsanspruch auf das Westjordanland und Ostjerusalem 1988.
Im Westen wurde König Hussein in den letzten Jahren vor seinem Tod hauptsächlich als Friedensvermittler geschätzt. Innenpolitische Erwägungen sowie der zweite Golfkrieg, in dem der König sich dem Druck seiner Bevölkerung beuge musste und eine offizielle neutrale Stellung bezog, ermöglichten den Friedensvertrag mit Israel erst 1994, ein Jahr nach der israelisch-palästinensischen Osloer Prinzipienerklärung.
Der Monarch hat es geschafft, dem land einen permanenten, unumstrittenen Platz im Nahen Osten einzuräumen. Dies geschah hauptsächlich mit Hilfe der persönlichen Intervention des Königs in außenpolitischen Belangen sowie seiner Haltung in innenpolitischen Angelegenheiten, die von einer Mischung aus Toleranz und Unnachgiebigkeit geprägt war.
König Hussein starb am 7. Februar 1999 in Amman an Lymphknotenkrebs. Nachfolger als König von Jordanien wurde sein Sohn Abdallah Ibn Hussein.
ROTTER, Gernot / Schirin FATHI (2001): Nahost Lexikon – Der israelisch-palästinensische Konflikt von A-Z. Heidelberg. Palmyra Verlag.