Institut für Palästinakunde
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Gamal Abdel Nasser war zweifelsohne der arabische Politiker, der den gesamten Nahen Osten im Dritten Quartal des 20. Jahrhunderts am entscheidendsten geprägt hat. Er wurde 1918 in einem Vorort von Alexandria als Sohn eines kleinen Postangestellten geboren, besuchte die Elementarschule in Al-Khatatiba, einem Dorf in Nildelta, und absolvierte dann die Höhere Schule in Kairo, wo er bei einem Onkel lebte. Nach Abschluss der Schule begann er zunächst ein Jurastudium, brach dieses aber bereits nach kurzer Zeit ab, um 1936 mit dem Eintritt in die Königliche Militärakademie eine Laufbahn als Soldat einzuschlagen. Als Leutenant diente er sodann in der ägyptischen Armee im Sudan, wo er sich mit einer Reihe von jungen Offizieren anfreundere (darunter auch Sadat), die später zu seinen wichtigsten politischen Weggefährten zählten. 1948 nahm er aktiv am Arabisch-Israelischen Krieg teil. Die Enttäuschung über die britische Bevormundung Ägyptens, die innenpolitischen Verhältnisse unter König Faruk und die Niederlage im Krieg gegen Israel ließen in ihm die Entscheidung zum revolutionären Umsturz reifen. Gemeinsam mit anderen sogenannten Freien Offizieren, die er im Laufe der Jahre insgeheim um sich geschart hatte, putschte er 1952 erfolgreich ohne größeres Blutvergießen. Der daraufhin gebildete Revolutionäre Kommandorat bestimmte zunächst General Muhammad Nagib zum neuen Staatspräsidenten, wobei Nasser selbst im Hintergrund blieb. Doch bald kam es zwischen den beiden zu erheblichen Spannungen, die 1954 dazu führten, dass Nagib fortan unter Hausarest gestellt wurden und Nasser das Amt des Premierministers übernahm. In einem Referendum im Juni 1956, in dem er der einzige Kandidat war, liess sich Nasser mit 99,9 Prozent der Stimmen als neuer Staatspräsident bestätigen, nachdem kurz vorher bereits eine neue Verfassung angenommen worden war, die aus Ägypten einen sozialistischen Einparteienstaat machte. Zu dieser Zeit hatte Nasser bereits mit dem 1954 vereinbarten Abzug der Briten einen großen Erfolg vorzuweisen. Ebenfalls 1954 war ein erfolgloses Attentat auf ihn verübt worden, hinter dem die Muslimbrüder gestanden haben sollen, was zu einem strikten Verbot dieser Organisation führte und Nassers rigorose Haltung gegen alles islamischen Tandenzen zeitlebens begründete.

Weder militärische Niederlagen wie der Suezkrieg 1956 und der Junikrieg 1967 gegen Israel noch die gescheiterte Vereinigung mit Syrien zur Vereinigten Arabischen Republik (1958-1961) oder das verlustreiche Eingreifen der ägyptischen Armee im Jemen (1962-1967) vermochten sein Ansehen in weiten Bevölkerungsschichten der gesamten arabischen Welt wesentlich zu schmälern. Zusammen mit Nehru und Tito war er seit der Konferenz von Bandung 1955 einer der unbestrittenen Wortführer der blockfreien Staaten innerhalb der Dritten Welt. Seine kritische Haltung gegenüber konservativen Regimen, allen voran Saudi-Arabien, und sein alleiniger Führungsanspruch innerhalb der arabischen Welt führten jedoch immer wieder auch zu Spannungen, und seine unversöhnliche Haltung gegenüber Israel und damit gegenüber dem Westen ließen ihn in immer größere Abhängigkeit zum Ostblock geraten. Innenpolitisch war seine Herrschaft eine Linksdiktatur mit verstaatlicher Presse und den üblichen „sozialistischen“ Fehlentwicklungen in der Wirtschaft. Dennoch löste 1970 Nassers überraschender Tod, der den Niedergang des säkularen arabischen Nationalismus einleitete, eine Welle der Anteilnahme aus.

(di)

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